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Zdirekt! 04-2018

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Z direkt! Titelthema Titelthema Z direkt! Bundesregierung plant Fachkräfteeinwanderungsgesetz Fortschritt oder Stillstand? Man stelle sich folgende Situation vor: Dao, eine versierte Pflegefachkraft aus Thailand, möchte in Deutschland arbeiten. Sie steht in Kontakt mit zwei Arbeitgebern. Einer ist ein Pflegedienst, der andere ein Personaldienstleister, der sich auf die Überlassung von Pflegekräften spezialisiert hat und dringend Fachkräfte benötigt. Dao beantragt bei der Deutschen Botschaft in Bangkok ein Visum und reicht alle relevanten Unterlagen ein. Die Botschaft prüft, ob ein Visum zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland erteilt werden kann. Nach Rücksprache mit der Bundesagentur für Arbeit erhält Dao eine Antwort: Ein Visum wird für die Beschäftigung beim Pflegedienst erteilt, nicht aber für den Personaldienstleister. Dao wundert sich, zumal die Arbeitsbedingungen beim Personaldienstleister auch noch besser sind. Warum darf Dao nicht in der Zeitarbeit arbeiten? Klassische Erwerbsmigration ist grundsätzlich erlaubnis- und zustimmungspflichtig. Das Zustimmungsverfahren erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt prüft die Bundesagentur für Arbeit (BA), ob die Stelle mit einem Deutschen oder einem EU-Ausländer zu besetzen ist (Vorrangprüfung). Ist das nicht der Fall, prüft sie in einem zweiten Schritt die Arbeitsbedingungen. Ein drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer darf nicht zu schlechteren Arbeitsbedingungen beschäftigt werden als ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer/EU- Ausländer. Wenn auch das gewährleistet wird, erteilt sie eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung. Keine Zustimmung für Zeitarbeit Wenn aber ein Ausländer in der Zeitarbeit beschäftigt werden will, versagt die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung. Das gilt auch dann, wenn keine Vorrangprüfung durchzuführen ist. Denn die Erwerbstätigkeit bleibt trotzdem zustimmungspflichtig, weil die BA die Arbeitsbedingungen prüfen muss. Darum dürfen Drittstaatsangehörige – bis auf einige Ausnahmen im hochqualifizierten Bereich – nicht in Zeitarbeit beschäftigt werden. Das beschriebene Szenario gilt nicht nur für den Pflegebereich, sondern für alle Berufszweige. Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz Selbst der Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, den das Bundesinnenministerium kürzlich vorlegte, ändert daran nichts. Im Entwurf verankert sind unter anderem der Verzicht auf die Engpassbetrachtung der grundsätzliche Verzicht auf die Vorrangprüfung bei Fachkräften mit Berufsausbildung oder Hochschulabschluss der Zugang zum Arbeitsmarkt auch für Ausländer mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen eine Erleichterung der Anerkennung von Berufsund Studienabschlüssen überarbeitete Regelungen zur Beschäftigungsduldung die Schaffung einer Zentralen Servicestelle für das Anerkennungsverfahren die Zusicherung eines beschleunigten Fachkräfteeinwanderungsverfahrens Die Zeitarbeit berücksichtigt der aktuelle Entwurf nicht. Nach dem jetzigen Stand der Dinge bleibt der Arbeitsmarkt „Zeitarbeit“ weiterhin für Drittstaatsangehörige nahezu verschlossen. Strukturelle Änderungen Auch wenn die Zeitarbeit im schlechtesten Fall also nicht von einer Fachkräfteeinwanderung profitiert, muss sie sich mit einer neuen Struktur der Regelung zur Arbeitsmigration vertraut machen. Das Bundesinnenministerium wirbt mit systematischen Vereinfachungen, durch welche die Regelungen insgesamt übersichtlicher und transparenter gestaltet werden sollen. Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren Es wird ein neuer § 4a Aufenthaltsgesetz „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ geschaffen. Das Regel-Ausnahme- Verhältnis wird umgekehrt. Nunmehr soll gelten: Eine Erwerbstätigkeit ist gestattet, es sei denn ein Gesetz bestimmt ein Verbot oder eine Beschränkung. Zuvor galt: Eine Erwerbstätigkeit ist verboten, es sei denn ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung erlauben es. Daher wird künftig zum Beispiel in der Regelung zur Niederlassungserlaubnis nicht mehr der Hinweis zu finden sein, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Für die Zeitarbeit ändert sich nichts In den rechtlichen Möglichkeiten, Drittstaatsangehörige zu beschäftigten, ändert sich für die Zeitarbeit dadurch nichts. Es ist „nur“ ein strukturelles Umdenken erforderlich. Ob dies zu den versprochen Vereinfachungen führt, bleibt abzuwarten. Mitteilungspflicht Neu ist auch die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers. Die neue Regelung in § 4a Aufenthaltsgesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigt, der Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen mitteilen muss, wenn die Beschäftigung, für die der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wird. Eine elektronische Weiterleitung der Meldung der Arbeitgeber an die Sozialversicherungsträger an die Ausländerbehörde soll hierbei nicht ausreichen. Mehr Möglichkeiten – mehr Verantwortung Will man erreichen, dass Drittstaatsangehörige künftig auch in Zeitarbeit arbeiten dürfen, muss die Branche am Ball bleiben. Sie muss sich aber auch im Klaren darüber sein, dass mehr Möglichkeiten auch mehr Verantwortung bedeutet. Das Bundesinnenministerium positioniert sich eindeutig dahingehend, dass keine Einwanderung unqualifizierter Drittstaatsangehöriger gewollt ist. Klare Vorschriften trügen dafür Sorge, dass die Regelungen nicht missbraucht würden. Bußgelder drohen künftig zum Beispiel nicht nur bei falschen Angaben der Arbeitsbedingungen gegenüber der Behörde, sondern auch bei einer zu späten Erteilung der relevanten Auskünfte. Auch werden bestimmte Kontrollmechanismen im Rahmen der Anerkennung eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass eine Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend und ohne Anerkennung in Deutschland ausgeübt wird. Erklärung zur Kostenübernahme erforderlich Nach dem Referentenentwurf soll auch Ausländern mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen der Arbeitsmarktzugang ermöglicht werden. Um zu gewährleisten, dass tatsächlich qualifizierte Personen einreisen, muss der Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung abgeben. Er muss sich dazu verpflichten, unter anderem die Kosten zu übernehmen, die den öffentlichen Stellen bis zu zwölf Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Lebensunterhalt des Ausländers entstehen (zum Beispiel Arbeitslosengeld). Keine einfachen Aufgaben für den Personaldienstleister, da er zusätzlich auch noch Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu beachten hat. Die Forderung bleibt Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss nicht nur aus europarechtlichen Erwägungen auch für die Zeitarbeit geöffnet werden. Es ist höchst fragwürdig, ob die Versagung der Zustimmung für eine Beschäftigung in der Zeitarbeit mit Europarecht im Einklang steht. Weiterer Einsatz lohnt sich für die Zeitarbeitsbranche also auf jeden Fall. Judith Schröder 14 15

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