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Zdirekt! 02-2022

20 TITELTHEMA Wieviel

20 TITELTHEMA Wieviel New Work steckt in der Zeitarbeit? New Work klingt nach einer schönen neuen Welt. Nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Arbeitgeber, in Bezug auf Flexibilität und Zusatzangebote, um Mitarbeiter überhaupt erst zu gewinnen. Auf Plattformen wie LinkedIn und Co. ist New Work das Trendthema schlechthin. Aber ist New Work tatsächlich für jeden umsetzbar? Wie flexibel kann diese Welt für jemanden sein, der im Lager, im Kundenservice oder in der Dienstleistungsbranche arbeitet? Zwei Expertinnen der Zeitarbeitsbranche geben Antworten. Das heißt auch, flexibel und schneller auf Veränderungen zu reagieren – mit kurzfristigen Zielen, zeitnahem Feedback, kleinen Teams und vor allem mit kurzen Entscheidungswegen. Virtuelle Teams, gemeinsam geteilte Arbeitsplätze und freie Platzwahl in den Büros sind dabei Voraussetzung. Im ersten Schritt verleitet es mich, zu behaupten, dass all diese Punkte von der Personaldienstleistung erfüllt werden – im Innen wie im Außen. Nur ist dem leider bei näherer Betrachtung nicht so. Denn dass der Begriff Flexibilität stark mit der Zeitarbeit assoziiert wird, reicht eben nicht aus, um dem Begriff New Work gerecht zu werden. Das entspricht eher dem viel erwähnten Obstkorb als falsch verstandenes Symbol der modernen Arbeitswelt. Nicole Truchseß | Geschäftsführerin | Truchseß & Brandl GmbH Diversity, New Work, Agilität, Disruption und Cultural Fit – in den vergangenen Jahren haben diese Begriffe immer mehr Einzug in die Unternehmen gehalten. Gerade in der HR-Welt werden sie viel genutzt, jedoch nach meinen Beobachtungen nicht immer klar für sich definiert. Für mich zeichnen New Work vor allem folgende Punkte aus: – Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung der Mitarbeiter – individuelle und kompetenzorientierte Projektarbeit – agile Methoden, die die Kreativität und die Flexibilität bei der Arbeit fördern und – die Führungskraft als Coach Die Personaldienstleistung erfüllt den Anspruch der Flexibilität in der Regel nur für den Auftraggeber und nicht für die Zeitarbeitnehmer in den Projekten. Und wenn ich an der Stelle ganz ehrlich bin, empfinde ich es auch nicht für das interne Personal. Gefangen in festgefahrenen Stellenbeschreibungen, klassischen Büroarbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr und oft digitalen Anfängen steckt die Zeitarbeit noch in den Kinderschuhen von New Work. Sie verpasst damit als Branche die große Chance, Klassenprimus unter den Dienstleistern zu werden. Den Vorsprung dazu hätte sie gehabt. Noch ist es nicht zu spät – einige Firmen leben es bereits vor oder befinden sich in einem spannenden Change-Prozess. Personaldienstleistung radikal neu gedacht, würde auch, da bin ich mir sicher, das zunehmende Qualitätsproblem der internen Stellenbesetzung lösen und endlich dem Ruf eines attraktiven – für alle Beteiligten – modernen Flexibilisierungs- und strategischen Personalinstrumentes gerecht werden.

Z direkt! 02/2022 TITELTHEMA 21 Kathrin Lamm | Niederlassungsleiterin Life Science – TimePartner Personalmanagement GmbH New Work in der Zeitarbeit – geht das? Wenn Sie mich fragen: Ja! Im Alltag begegnet uns das Wort im Allgemeinen in Bezug auf die Freiheit, seine Arbeit selbst zu gestalten. Mein komplettes Team sitzt im Homeoffice und arbeitet remote. Ein Kollege plant, auszuwandern, auch das würde für mich kein Problem darstellen, denn im Endeffekt ist es egal, wo der PC steht. Wir telefonieren übers Internet und nehmen die Nummer einfach dahin mit, wo wir gerade sind. Wir haben keine festen Arbeitszeiten und organisieren unseren Arbeitsalltag so, wie es für uns und unsere Kunden und Kandidaten am besten ist. Wir halten uns nicht mehr sklavisch an KPIs (Key Performance Indicators = Schlüsselkennzahlen) fest, sondern arbeiten gemeinsam auf ein definiertes Ziel hin. Viele Freiheiten, die im Umkehrschluss ein hohes Vertrauen voraussetzen. Aber ok, wir arbeiten auch intern und nicht als Mitarbeiter in der Überlassung. Doch meine Erfahrung sagt, es geht auch dort. Als die Pandemie begann, wurden auch unsere Mitarbeiter in den Kundenunternehmen mit Laptops ausgestattet und konnten ihre Tätigkeit remote ausüben. Flexible Arbeitszeiten? Auch das stellt kein Problem dar, denn ob die vereinbarten 40 Stunden in der Zeit von Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr oder vielleicht um 3 Uhr nachts ausgeübt werden, ändert nichts an der Rechnungsstellung. Auch in der Arbeitnehmerüberlassung gibt es genügend Projekte, die eigenständig bearbeitet werden können, denn die Weisungsbefugnis des Kunden bedeutet ja nicht, dass jede einzelne Tätigkeit überwacht werden muss. Für unsere Mitarbeiter im Bereich der Naturwissenschaften oder im Ingenieurswesen ist es in den meisten Fällen möglich, in der IT sowieso. Aber natürlich ist es in der Überlassung nicht anders als in jedem Kundenunternehmen auch, für den Mitarbeiter in der Abfüllung im Schichtdienst am Band oder den Laboranten in der Inprozesskontrolle ist New Work in dieser Definition noch weit entfernt. »Gefangen in festgefahrenen Stellenbeschreibungen, klassischen Büroarbeitszeiten und oft digitalen Anfängen steckt die Zeitarbeit noch in den Kinderschuhen von New Work.« Nicole Truchseß

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