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Zdirekt! 02-2020

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8 TITELTHEMA Finanzkrise

8 TITELTHEMA Finanzkrise vs. Coronakrise Die aktuellen Einbrüche in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt wecken Erinnerungen an die Finanzkrise vor rund zehn Jahren. Die Zahlen aber verdeutlichen, dass die aktuelle Coronakrise in ganz anderen Dimensionen verläuft, die ein bisher noch nicht gekanntes Ausmaß erreichen. Das offenbart sich vor allem beim Vergleich damaliger mit den heutigen Statistiken. Am deutlichsten tritt die Diskrepanz bei den Anmeldungen zur Kurzarbeit auf: Aktuell meldet die Bundesagentur für Arbeit für 37,3 Prozent der Zeitarbeitsbeschäftigten Kurzarbeit, also für rund 225.000 Mitarbeiter. In der Finanzkrise konnte die Zeitarbeitsbranche seit Herbst 2008 erstmals Kurzarbeit nutzen, um die Beschäftigung zu stabilisieren. Nur zögerlich wurde von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Im April 2009 bezogen 23.100 Zeitarbeitskräfte Kurzarbeitergeld. Danach ging ihre Zahl kontinuierlich zurück auf 16.400 im Frühjahr 2010. Bezogen auf die Zahl der beschäftigten Zeitarbeitnehmer waren nur etwa drei Prozent in Kurzarbeit. Im Vergleich zur aktuellen Lage waren das in der Spitze im Jahr 2009 etwas weniger als zehn Prozent der Gesamtzahl von 2020. iGZ-MITGLIEDERBEFRAGUNG ZUR KURZARBEIT Der iGZ befragte unter anderem dazu seine Mitgliedsunternehmen. Bislang haben 75 Prozent der Zeitarbeitsunternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben, Kurzarbeit angemeldet. Dabei sind unterschiedlich viele Mitarbeiter betroffen. Einen deutlichen Schwerpunkt gibt es bei der Verteilung des Arbeitsausfalls: 40 Prozent der Befragten gaben einen durchschnittlichen Arbeitsausfall zwischen 90 und 100 Prozent an. Weitere zehn Prozent der teilnehmenden iGZ-Mitgliedsfirmen gehen davon aus, dass sie in Kürze Kurzarbeit beantragen werden. PLUS IM DIENSTLEISTUNGSSEKTOR Mit der Finanzkrise in Deutschland stand auch die Zeitarbeitsbranche vor einer ganz großen Bewährungsprobe. Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ging drastisch zurück: Waren im Juli 2008 bundesweit noch 823.101 Zeitarbeitnehmer beschäftigt, sank die Zahl bis Dezember auf 673.768 Arbeitnehmer in der Zeitarbeit – im April 2009 sank die Zahl dann bis auf 580.092 Beschäftigte. Im Unterschied zur aktuellen Krise konnten die Zeitarbeitsunternehmen damals in Teilen des Dienstleistungssektors, wie etwa dem Gesundheits- und Sozialwesen oder bei den Call-Centern, die Überlassungszahlen noch ausdehnen. Mit der Stabilisierung der Konjunktur konnte die Branche ab Mitte 2009 wieder steigende Beschäftigungszahlen melden. Diese lagen im April 2010 bereits saisonbereinigt wieder bei 718.576. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 FINANZKRISE 2006 2007 2008 2009

Z direkt! 02/2020 TITELTHEMA 9 Bemerkenswert war eine andere Entwicklung: Von 275.865 ungelernten Hilfskräften am 30. Juni 2008 reduzierte sich die Zahl bis auf 198.751 am 31. Dezember. Innerhalb eines halben Jahres sank die Zahl also um rund 27,9 Prozent. Parallel dazu boomten andererseits einige Fachkräfte-Sparten: Im Bereich der Gesundheitsberufe etwa stieg die Zahl der Beschäftigten in der Zeitarbeit von 14.984 auf 16.697, was einem Plus von rund 10,3 Prozent entspricht. Bei den Dienstleistungsberufen sah es ähnlich aus – hier stieg die Zahl von 27.914 auf 29.072. Die halbjährlich vorgelegte Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigte, dass der Trend eindeutig hin zu Qualifizierung – und damit auch zu einer Steigerung des Lohnniveaus in der Zeitarbeit – deutete. AÜG-REFORM UND CORONAKRISE Ganz anders sieht die Situation 2020 aus: Bereits im vergangenen Jahr verzeichnete das Statistische Amt einen Einbruch der Mitarbeiterzahlen in der Zeitarbeit. Für März 2020 weist die Statistik im BA-Monatsbericht ein Minus von 74.400 (minus 9,9 Prozent) Zeitarbeitnehmern im Vergleich zum März 2019 aus. Das heißt im Klartext, dass es nur zwei Ursachen dafür geben kann – eine schwächelnde Konjunktur einerseits und die Auswirkungen der Beschränkungen der jüngsten AÜG-Reform andererseits. „Demgegenüber stehen die zum 1. April 2017 in Kraft getretenen Regulierungen; ab dem Jahreswechsel 2017/2018 sind deutliche Beschäftigungsrückgänge in der Zeitarbeit zu beobachten, die anfangs auch damit in Zusammenhang stehen dürften“, stellte die BA in ihrem Bericht „Blickpunkt Arbeitsmarkt – Aktuelle Entwicklungen in der Zeitarbeit“ vom Januar 2020 denn auch fest. Hinzu kam nun die Coronakrise. Der iGZ befragte seine Mitgliedsunternehmen auch, wie sich die Krise auf die Einsätze auswirkt. 88 Prozent der Unternehmen sind demnach von coronabedingten Personal-Abmeldungen durch die Einsatz-Unternehmen betroffen. Knapp 70 Prozent der Zeitarbeitsunternehmen konnten keine neuen Aufträge akquirieren. Ein Drittel der Unternehmen (35 Prozent) schätzt die Coronakrise sogar als „existenzgefährdend“ ein. Maßnahmen, die von den Unternehmen ergriffen wurden, sind laut Umfrage der Abbau der Arbeitszeitkonten (67 Prozent), Gewährung von Urlaub (60 Prozent), Entlassungen (48 Prozent), Vermittlung in einen neuen Einsatz (38 Prozent) oder Standby im Garantielohn (16 Prozent). WLI 2015 2016 2017 2018 1.000.000 2010 2011 2012 2013 2014 2019 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 Anzahl der Zeitarbeitnehmer in Deutschland jeweils zum 31.12. | Quelle: Bundesagentur für Arbeit 400.000 300.000

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