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Zdirekt! 02-2019

30 BERLIN DIREKT

30 BERLIN DIREKT Interview Kein Grund Zeitarbeit auszuschließen Nach langer politischer Diskussion hat die Koalition aus CDU/CSU und SPD ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet. Der Zeitarbeit bleibt es, trotz intensiver Debatte hierüber, weiterhin pauschal verwehrt, Fachkräfte aus Drittstaaten zu beschäftigen. Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erläutert im Interview die Sicht seiner Fraktion hierauf. Der Bundestag hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Viele kritisieren es als halbherzig. Sind wir in Deutschland gesellschaftlich noch nicht so weit, eine konsequente Einwanderung zu starten? Johannes Vogel | arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Doch, Deutschland wäre so weit. Aber CDU, CSU und SPD sind es offensichtlich noch nicht. Gerade die Union schaltet beim Thema Einwanderung noch immer einfach auf stur. Dabei müssten wir gerade bei dem Thema endlich einen großen Schritt nach vorne gehen, aber die Große Koalition hebt gerade einmal den Fuß – sonst nichts. Und dass dieses sogenannte Fachkräfteeinwanderungsgesetz zu wenig ist, bestätigen ja auch anerkannte Migrationsexperten. Wir wissen aus aktuellen Studien, dass wir in Deutschland 260.000 Fachkräfte aus dem Ausland jährlich bräuchten – Union und SPD versprechen in ihrem Gesetzentwurf aber selbst lediglich 25.000. Wer aber nicht einmal 10 Prozent des Solls erfüllen möchte, der verschließt die Augen vor der Realität oder verweigert die Arbeit. Und er schwächt damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in unserem Land, denn die Betriebe warten auf die Fachkräfte, die sie dringend benötigen. Was bräuchten wir stattdessen? Zum einen müssen wir endlich ein umfassendes modernes Einwanderungsgesetz inklusive Punktesystem beschließen, erfolgreiche Einwanderungsländer wie Kanada und Neuseeland machen uns das seit Jahren vor. Und zum anderen müssen wir die Blue Card verbessern und für nichtakademische Fachkräfte öffnen und die Verfahren bei der Anerkennung von Abschlüssen wirksam vereinfachen – beides geht die Große Koalition aber absurderweise nicht an.

Z direkt! 02/2019 BERLIN DIREKT 31 Wie schätzen Sie den Markt ein – gibt es Wege, auch ohne Einwanderung dem Fachkräftemangel zu begegnen? Natürlich gibt es auch ergänzende Möglichkeiten. Allerdings muss klar sein, dass auch die optimale Erwerbsbeteiligung aller Inländer niemals ausreichen wird, um den Fachkräftemangel aus der Welt zu schaffen. Das liegt ganz einfach an der Demografie und sollte jeder zur Kenntnis nehmen. Als ergänzender Ansatz ganz zentral ist natürlich Bildung, ein wichtiges Stichwort ist das lebenslange Lernen. Wir müssen ein echtes zweites Bildungssystem für das ganze Leben schaffen. Unsere Fraktion schlägt beispielsweise ein Midlife-BAföG vor. Das BAföG hat einer breiten Masse der Bevölkerung seinerzeit die Türen zu den Universitäten geöffnet – warum sollte das nicht auch im zweiten Bildungssystem möglich sein? Ebenso wollen wir ein Langzeitkonto zu Bildungssparen einführen, was man schnell durch einen Umbau und eine Öffnung der Langzeitkonten für Beschäftigte ermöglichen könnte. Von all diesen Ideen plant die Bundesregierung aber nichts, was schade ist und dem Standort Deutschland schadet. Welche Gründe haben die Koalitionsfraktionen dafür genannt, die Zeitarbeit aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz auszuschließen? Halten Sie diese Gründe für stichhaltig? Die Bundesregierung hat keine zufriedenstellende Erklärung dafür geliefert, warum sie die Zeitarbeit ausgeklammert hat. Ich halte das in der Sache auch für falsch. Auch bei der Arbeitnehmerüberlassung sprechen wir von regulärer und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Es gibt meines Erachtens keinen überzeugenden Grund, diese einfach generell weiter auszunehmen. Gerade weil Fachkräfte doch teils händeringend gesucht werden. BT Anzeige

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