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Zdirekt! 02-2019

24 TITELTHEMA Interview

24 TITELTHEMA Interview Pflegebranche: spezialisierte Recruiter nötig Kranken,- und Pflegefachpersonal ist am deutschen Arbeitsmarkt kaum noch zu finden. Gleichzeitig wird es dringend gebraucht. Ein Weg, Personal für die gesellschaftlich unverzichtbare Kranken,- und Altenpflege zu finden, ist der Gang ins Ausland. Der frühere Regionalkreisleiter des iGZ für Schwaben, Rudolf Sagner, hat sich mit seiner internationalen Personalagentur, der Firma Jobagentur Europa, darauf spezialisiert, im Ausland Fachpersonal zu rekrutieren, qualifizieren und zu vermitteln. Im Interview berichtet Sagner über seine Erfahrungen, Chancen und Hindernissen. Welches Potential bietet der internationale Markt mit Blick auf Krankenpflegefachkräfte? Als erstes muss man feststellen, dass nicht nur Deutschland auf der Suche nach Krankenpflegefachkräften ist. So suchen gerade die skandinavischen Länder sehr intensiv nach geeigneten Kräften. Der Markt in europäischen Ländern ist fast schon leer. Sehr viele Krankenpfleger nehmen eine Beschäftigung in England auf, da diese die deutsche Sprache nicht erlernen müssen, um eine deutsche Anerkennung ihrer Berufsausbildung zu erhalten. Sie akzeptieren auch den geringeren Stundenlohn in England. Vereinzelt gibt es noch Kandidaten in den EU-Länder, die aufgrund der guten Lebensqualität und der gezahlten Löhne in Deutschland eine Zukunft sehen. Der Anerkennungsprozess ihrer beruflichen Ausbildung ist auch relativ einfach, da alle Berufsausbildungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft von den einzelnen Ländern anerkannt werden. Ein zu erwähnendes Potential an Krankenpflegefachkräften gibt es in allen nicht EU-Ländern. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht: Welchen Chancen und Hindernissen sind Sie begegnet? Wir machen seit sechs Jahren die unterschiedlichsten Erfahrungen mit den internationalen Krankenpflegefachkräften aus den verschiedenen Ländern. Die Mentalitäten, die individuellen Kulturen mit ihren vielseitigen Lebensweisen sind mit die größten Herausforderung, nicht nur für die Kandidaten, sondern auch, wenn es um die Integration am Arbeitsplatz in Deutschland geht. Hinzu kommt, dass die Ausbildungsinhalte an den Universitäten der nicht EU-Länder nicht einheitlich sind. So kann es vorkommen, dass sich der Studieninhalt der Krankenpfleger in einer Stadt mit zwei Universtäten wesentlich voneinander unterscheidet. Ein weiteres großes Problem ist die Beschaffung von persönlichen amtlichen Dokumenten der Kandidaten, die für das Anerkennungsverfahren in Deutschland zwingend vorgeschrieben sind. Die erforderlichen Sprachkenntnisse von B2 lernen die Kandidaten innerhalb von sechs bis neun Monaten. Des Weiteren ist das Risiko der Vorfinanzierung des Sprachkurses, der Übersetzungskosten und der Gebühren nicht zu unterschätzen. Wenn sie mich nach den Chancen und dem Potential in den nicht EU-Ländern für die Zukunft fragen, gibt es momentan keine Alternative, wenn wir in Deutschland nicht mehr in der Krankenpflege ausbilden, die Löhne erhöhen und die Arbeitsbedingungen verbessern. Fakt ist schon heute in der ambulanten Pflege, dass eine Vielzahl von Patienten keine Versorgung aufgrund des Personalmangels mehr erhalten.

Z direkt! 02/2019 TITELTHEMA 25 Die „Konzertierte Aktion Pflege“ der Bundesregierung möchte Zeitarbeit in der Pflege verringern. Halten Sie dieses Vorgehen für sinnvoll, um den Personalmangel zu bekämpfen? Ein klares und deutliches nein. Die Zeitarbeitsunternehmen mit ihren internen Mitarbeitern haben überwiegend eine hohe fachliche Kompetenz im Personalbereich. Deshalb sollten sie sich in dieser Branche nicht nur auf die Arbeitnehmerüberlassung konzentrieren, sondern verstärkt auf Personalvermittlung, Qualifizierung und Projektarbeit. Sie sollten verstärkt Partner der Kunden werden. Wie könnten die Rahmenbedingungen für internationales Recruiting verbessert werden? Die Zeitarbeit sollte sich den neuen internationalen Herausforderungen stellen. Wir haben die Situation, dass die Arbeitsuchenden, egal aus welchem Land, sich eine Beschäftigung in dem Land suchen, in dem sie Arbeit zu guten Bedingungen vorfinden und deren Wirtschafts,- und Lebensbedingungen gut sind. Wir geben in Deutschland jeden Tag circa eine Milliarde Euro für das Sozial,- und Gesundheitssystem aus. Es ist eine der wichtigsten Dienstleistungsbranchen in unserem Land, mit den meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und den vielen ehrenamtlichen Kräften, die für unsere Gesundheit arbeiten. Um den Fachkräftemangel in Deutschland etwas zu lindern, benötigen wir eine Vielzahl von engagierten auch international agierenden professionellen Personaldisponenten mit neuen Visionen und dem Mut, neue Weg zu gehen. Nur so können wir eine ausreichende Versorgung der Kranken,- und pflegebedürftigen Menschen in Deutschland erreichen. BT Als erstes benötigen wir spezialisierte Recruiter und mehr Professionalisierung in der internationalen Personalgewinnung. Hier werden den Kandidaten von sogenannten „Vermittlern“ falsche Informationen gegeben, die auch noch viel Geld für die Aussicht bezahlen, einen Arbeitsvertrag in Deutschland zu erhalten. Ich nenne Sie auch nicht Recruiter sondern persönlicher Begleiter für den Berufsweg nach und in Deutschland. Der Ethik- Kodex des iGZ sollte abgestimmt auf die internationale Personalberatung und -gewinnung eingeführt werden. Die Begleiter benötigen umfangreiche Kenntnisse über das Schul,- und Ausbildungssystem der einzelnen Länder. Rudolf Sagner | früherer iGZ-Regionalkreisleiter für Schwaben und ehemaliger Gründer und Inhaber von Aktion Personal

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