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10 TITELTHEMA Myra

10 TITELTHEMA Myra Fischer-Rosinger weist zudem darauf hin, dass die Temporärarbeit in der Schweiz ebenfalls gesetzlich definiert ist: „Die Temporärarbeit ist in der Schweiz eine klar definierte Arbeitsform mit sozialer Absicherung und über zwei gesetzliche Vorgaben geregelt. Einerseits über das Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih – kurz Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG). Es regelt die private und öffentliche Arbeitsvermittlung und den Personalverleih sowie den Schutz der Arbeitnehmer, welche diese Leistungen in Anspruch nehmen. Jedes Unternehmen in der Schweiz, das in diesem Bereich tätig ist, benötigt zwingend eine Betriebsbewilligung vom zuständigen kantonalen Arbeitsamt und muss zur Sicherung von Lohnansprüchen aus dem Personalverleih eine Kaution leisten. Für den Personalverleih ins Ausland ist zusätzlich eine Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) nötig. Der Personalverleih vom Ausland in die Schweiz ist nicht gestattet. Das AVG sieht darüber hinaus vor, dass die Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen der über 70 allgemeinverbindlich erklärten GAV verpflichtend übernommen werden.“ Neben dem AVG bestehe in der Schweiz ein „Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih“ (GAVP), der über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) durch den Bundesrat landesweit für alle Personalverleiher verpflichtend sei. Vertragspartner seien swissstaffing von Arbeitgeberseite und vier Gewerkschaften auf Arbeitnehmerseite. „Der GAVP ist gültig für über 400.000 Arbeitnehmende und damit der größte Gesamtarbeitsvertrag in der Schweiz. Ein ausgeklügeltes Regelwerk, das für Balance zwischen sozialer Sicherheit für Mitarbeitende und Flexibilität für Unternehmen sorgt, und dies über alle Branchen hinweg, in denen temporär gearbeitet wird“, erläutert die Direktorin. Er enthalte verbindliche Standards für Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie großzügige Regelungen im Bereich der Weiterbildung, eine Branchenlösung für die Krankentaggeld-Versicherung und die berufliche Vorsorge. Dank temptraining, dem Weiterbildungsfonds des GAV Personalverleih, profitieren laut Fischer-Rosinger Temporärarbeitende von subventionierten Weiterbildungen durch finanzielle Unterstützung und Erwerbsausfallentschädigung. Temporärarbeitende haben so die Möglichkeit, sich in ihrem Beruf zu professionalisieren oder gänzlich neue berufliche Perspektiven zu entwickeln. Jahr 2018 95.523 Temporärarbeitende in Vollzeitäquivalenten 2,4 % der Gesamtwirtschaft

Z direkt! 02/2019 TITELTHEMA 11 Myra Fischer-Rosinger | Direktorin des schweizerischen Verbands der Personaldienstleister | swissstaffing In der Schweiz werde die Temporärarbeit in der Öffentlichkeit zwar entspannter betrachtet als in Deutschland, aber auch dort existiere Gegenwind – Fischer-Rosinger: „Auch in der Schweiz ist die Temporärarbeit immer wieder kritischen Haltungen gegenüber ausgesetzt. Nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Dies hängt sehr wahrscheinlich auch mit den gesetzlichen Voraussetzungen zusammen, wie den zwingend benötigten Betriebsbewilligungen für Personalverleiher, dem Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih sowie dem GAV Personalverleih.“ Dabei seien die Verhältnisse, zahlentechnisch betrachtet, recht ähnlich. Im Jahr 2018 arbeiteten schweizweit nahezu 100.000 Menschen in Vollzeitäquivalenten gerechnet temporär. Das entspreche einem Anteil von 2,4 Prozent an allen Erwerbstätigen. Im Jahr 2000 lagen diese Zahlen noch bei 1,1 Prozent oder rund 37.000 Temporärarbeitenden. Die Temporärbranche habe damit in der Schweiz eine gleichsam beeindruckende Entwicklung genommen wie in vielen anderen Ländern auf der Welt. Die Branche sei in den vergangenen zehn Jahren dynamisch gewachsen. Die geleisteten Einsatzstunden nahmen in diesem Zeitraum um über 40 Prozent zu. Dabei habe die Branche auch Hürden zu nehmen gehabt: „Dennoch durchlebte die Branche mit der Finanzkrise und mit der Aufhebung des Franken-Mindestkurses gegenüber dem Euro schwierige Jahre. In den betreffenden Jahren ging die Zahl der Einsatzstunden um 19 beziehungsweise vier Prozent zurück. Das starke Wachstum ist auf neue Dienstleistungen (MSP, RPO, Plattformarbeit), die Erschließung neuer Marktsegmente (Pflege, Informatik, hochqualifizierte Fachkräfte) und den allgemeinen gesellschaftlichen Trend zur flexiblen Arbeit zurückzuführen“, erläutert sie und richtet den Blick nach vorn: „In der Schweiz kämpfen derzeit gut 800 Temporärunternehmen um einen Anteil an dem rund 9,2 Milliarden Franken schweren Temporär- markt. Die fünf größten Player halten nach Schätzungen von swissstaffing lediglich einen Marktanteil von 25 Prozent.“ Der hohe Konkurrenzdruck führe dazu, dass die Temporärunternehmen beständig auf der Suche nach Innovationen und massgeschneiderten Kundenlösungen seien. Dies bestätige auch eine kürzlich erschienene Studie von swissstaffing. „Je höher der Konkurrenzdruck vom Geschäftsführenden eines Temporärunternehmens wahrgenommen wird, umso schneller werden technische Neuerungen eingeführt. Diese Spirale aus Wettbewerbsdruck und Innovation führte zu einem tiefgreifenden Wandel in der Branche. Aus Temporärunternehmen wurden ganzheitlich agierende Personaldienstleister“, erklärt Myra Fischer- Rosinger die Situation der Zeitarbeit in der Schweiz. WLI

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