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Zdirekt! 02-2014

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Z direkt! Titelthema Zeitarbeitsbranche wartet auf das EUGH-Urteil Equal Pay und Überlassungsdauer – Kippt Koalitionsvertrag? "Zeitarbeit in Deutschland – Zeitarbeit in Europa“ hieß es beim Landeskongress der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland im Kurfürstlichen Schloss in Mainz. Im Mittelpunkt stand unter anderem die EU-Richtlinie, die die Zeitarbeit international regelt. Was bedeutet diese Richtlinie konkret für die Zeitarbeit in Deutschland? Anzeige Der Grad der Regulierung von Arbeitnehmerüberlassung hat mittlerweile ein Niveau erreicht, das fast nur noch von Spezialisten bewältigt werden kann. Neben den Regeln in Deutschland gilt es bei der Überlassung ins europäische Ausland zusätzlich zahlreiche landestypische Normen zu beachten. Hinzu kommt noch die EU-Richtlinie, die aufgestellt wurde, um „einen diskriminierungsfreien, transparenten und verhältnismäßigen Rahmen zum Schutz der Leiharbeitnehmer festzulegen und gleichzeitig die Vielfalt der Arbeitsmärkte und der Arbeitsbeziehungen zu wahren“, wie es in der Richtlinie selbst heißt. Allerdings gibt die Richtlinie den europäischen Mitgliedsstaaten nur einen Rahmen vor. Es bleibt also ein Umsetzungsspielraum. In Deutschland wurde zur Umsetzung der Richtlinie 2011 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geändert. In den Fokus gerückt ist die EU-Richtlinie nun im Zusammenhang mit der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD. Die Große Koalition plant die Einführung von Equal Pay nach neun Monaten. Die Richtlinie fordert dagegen die Mitgliedsstaaten zu einer Einhaltung der Tarifautonomie auf: „Die vorliegende Richtlinie beeinträchtigt weder die Autonomie der Sozialpartner, noch sollte sie die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern beeinträchtigen, einschließlich des Rechts, Tarifverträge gemäß nationalem Recht […] auszuhandeln und abzuschließen.“ Die Richtlinie sieht die Abweichung durch Tarifverträge unter Beachtung des von der Richtlinie geforderten Gesamtschutzes vor. Aus der EU-Richtlinie resultiert folglich keine Verpflichtung zur Einführung einer 9-Monats-Regel für Equal Pay. Lohnangleichung durch Tarif Eine Angleichung des Entgelts der Zeitarbeitnehmerschaft an das Gehalt des Stammpersonals haben die Tarifpartner bereits durch die zeitlich gestaffelten Branchenzuschlagstarifverträge geregelt, die für elf Branchen gelten und damit weit über 50 Prozent der Zeitarbeitnehmer betreffen. Die Zulässigkeit einer Beschränkung der Überlassungsdauer auf 18 Monate 10

Z direkt! iGZ-Geschäftsführer Dr. Martin Dreyer erläuterte beim Landeskongress in Mainz mögliche juristische Probleme bei der Umsetzung der Regierungspläne. wird derzeit noch intensiv diskutiert und beschäftigt auch die Gerichte. Denn die Richtlinie erlaubt „Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit […] nur aus Gründen des Allgemeininteresses […]; hierzu zählen vor allem der Schutz der Leiharbeitnehmer, die Erfordernisse von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Notwendigkeit, das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarktes zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu verhüten“ (Artikel 4 Absatz 1 der EU-Richtlinie). Daraus resultiert keine Verpflichtung zur Einführung einer festen Höchstüberlassungsdauer. Fraglich bleibt deshalb die von der Politik formulierte grundlose zeitliche Begrenzung der Überlassung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verwies in einer Entscheidung zum Begriff „vorübergehend“ darauf, dass mit Blick auf die zahlreichen möglichen Sanktionen höchstens der Gesetzgeber tätig werden könne – und nicht die Arbeitsgerichtsbarkeit. Das BAG sah aber offenbar in der gegenwärtigen Regelung im AÜG ohne feste Höchstüberlassungsdauer keinen Verstoß gegen die Richtlinie. Regulierungsbedarf oder Regulierungsschranken? Nicht entschieden hat das BAG bisher, wie der Begriff „vorübergehend“ inhaltlich zu füllen ist. In Deutschland existieren unterschiedliche Auffassungen zur dauerhaften Überlassung – die herrschende Meinung hält die AÜG-Regelung für ein Verbotsgesetz: Dauerhafte Überlassung ist verboten. Ähnliches Dilemma wie beim Begriff „vorübergehend“ ist die Frage: „Was ist dauerhaft“? Dazu gibt es derzeit drei Meinungen. Die Definition erschließt sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG, § 14, Abs. 1, Abs. 2.): „Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.“ und „Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.“ Eine weitere Meinung unterstellt Dauerhaftigkeit, wenn auf einen Dauerarbeitsplatz überlassen wird. Und schließlich herrscht noch die Auffassung, dass jedenfalls dann keine dauerhafte Überlassung gegeben ist, wenn der Mitarbeiter selbst nach längerer Überlassung jederzeit vom Kunden abgemeldet werden könnte. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird der Europäische Gerichtshof (EUGH) darüber entscheiden, ob es gegen die Richtlinie verstößt, wenn längerfristige Überlassungen verboten sind. Ein finnisches Arbeitsgericht hat diese Frage zur Vorabentscheidung dem EUGH vorgelegt. Mit der Entscheidung des EUGH könnte der Inhalt der Koalitionsvereinbarung zur Zeitarbeit hinfällig sein. Wolfram Linke 11

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