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Zdirekt! 01-2022

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34 BERLIN DIREKT

34 BERLIN DIREKT Größe, die in Abhängigkeit zu anderen Größen zu bestimmen ist. Armut muss anders bekämpft werden. Die Praxis, die sich viele Jahrzehnte an diese Lehre gehalten hat, weicht seit einiger Zeit hiervon ab, hat sich jedoch zunächst bemüht, Armutsbekämpfung und Stabilität der unsichtbaren ökonomischen Prozesse in Einklang zu bringen. Mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns wurde Ende 2014 auch eine Mindestlohnkommission mit dem Auftrag geschaffen, die Höhe alle zwei Jahre neu festzusetzen. Ihr gehören zu gleichen Teilen Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeberseite an, ergänzt um zwei wissenschaftliche Mitglieder. Das Prinzip bleibt gewahrt, die Lohnhöhe wird von Betroffenen ausgehandelt – sie folgt (mit Ausnahme des Eingangslohns im Jahr 2015) nicht unmittelbar politischen Wünschen. Allerdings ist die Kommission per Gesetz verpflichtet, die Mindestlohnhöhe in regelmäßigen Abständen neu festzulegen. Sie kommt dem Willen des Gesetzgebers nach, entscheidet aber selbst, wie sie ihm nachkommt. Im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft soll ein soziales Ziel unter Wahrung der marktwirtschaftlichen Stabilität erreicht werden. Die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles drückte es bei Gründung der Mindestlohnkommission so aus: „Die künftige Entwicklung des Mindestlohns sollen Gewerkschaften und Arbeitgeber bestimmen. Sie kennen die Lage in den Betrieben und Branchen und können so am besten tragfähige und verantwortliche Entscheidungen treffen. Dafür haben wir das Instrument einer unabhängigen Mindestlohnkommission geschaffen. Sie entscheidet in Zukunft über die Erhöhung des Mindestlohns und die Bundesregierung ist an diese Entscheidung gebunden.“ In jüngerer Zeit entfernen sich die fachliche und politische Diskussion schleichend von der Tarifautonomie. Wissenschaftlerinnen haben Theorien entwickelt, in denen der Staat die Tarifautonomie nur gewährt, solange die Tarifparteien im Gegenzug staatliche Ziele berücksichtigen (eine interessante Definition von Autonomie). In der aktuellen politischen Debatte erreicht diese Tendenz mitunter humoristische Höhen. In einer Diskussionsrunde der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) berichtete ihr Hauptgeschäftsführer, die Mindestlohnerhöhung folge dem OWD-Prinzip („Olaf will das“). Wie stehen die Gewerkschaften zu dem Eingriff oder Übergriff des Gesetzgebers in ihr Hoheitsgebiet? Sie begrüßen die Initiative und begründen es damit, dass die Mindestlohnkommission keine entsprechende Erhöhung vereinbart habe. Ich verhandle gern autonom, solange ich meine Position durchsetzen kann? Es geht im Kern nicht um das Selbstbewusstsein der Gewerkschaften, nicht um die Stimmung bei Tarifverhandlungen, ja nicht mal um das, was Olaf will. Die Arbeitgeberreaktionen zielen nicht in erster Linie auf die geplanten 12 Euro Stundenlohn. Sie sorgen sich um die Verlässlichkeit ihrer Autonomie. Zur Erinnerung: Bereits die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns war ein Bruch mit der Tarifautonomie. Die geplante Erhöhung hat bereits ein wenig den Charakter eines „unspektakulären Schritts“. Unspektakuläre Schritte können immer gegangen werden, auch immer wieder. In der Diskussion bei der BDA wurde die folgerichtige Frage gestellt, ob die Mindestlohnkommission in Zukunft als „Pausenclown“ auftreten solle – immer, wenn der Staat sich gerade nicht um den Mindestlohn kümmern will. Sven Kramer, Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit, hat sein Unverständnis ebenfalls zum Ausdruck gebracht: „Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die neue Regierung durch eine politisch festgesetzte Vorgabe die Arbeit der Mindestlohnkommission konterkariert und die Tarifautonomie geringschätzt.“ Kommen wir weg von Pausenclowns und OWD – kehren wir zurück zu Verfassungswerten und zu dem, was hierhinter steht. Ja, Deutschland geht es trotz Corona verhältnismäßig gut. Diese Stabilität liegt auch an dem Respekt gegenüber autonomen Entscheidungen innerhalb des Wirtschaftslebens über viele Jahrzehnte. Grundlegende Bedingungen von Erfolg können zu Schlagwörtern werden, wenn der Erfolg sich selbstverständlich anfühlt. Die Gefahr besteht dann darin, nicht mehr grundlegende Erfolgsbedingungen zu diskutieren, sondern Schlagwörter. Das darf hier nicht passieren. BT

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