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Zdirekt! 01-2020

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52 NACHGEFRAGT Engagiert

52 NACHGEFRAGT Engagiert für die Zeitarbeit Nach zwölf Jahren im iGZ-Bundesvorstand wird Bettina Schiller aus persönlichen Gründen nicht wieder kandidieren. Z direkt! hat mit der stellvertretenden Bundesvorsitzenden über ehrenamtliches Engagement und ihre Erfahrungen und Eindrücke aus ihrer Tätigkeit für den iGZ gesprochen. Man sagt ja häufig, dass es immer dieselben Personen sind, die bereit sind sich ehrenamtlich zu engagieren. Wie sieht das bei Ihnen aus? Bekleiden Sie neben den iGZ-Ämtern auch noch weitere Ehrenämter? Ja, in der Tat eine ganze Reihe. Manches hat sich quasi automatisch aus den iGZ-Ämtern ergeben. Zum Beispiel habe ich als Landesbeauftragte in Bremen an Sitzungen unseres Landesarbeitgeberverbandes teilgenommen. Irgendwann werden dann weitere Dinge an einen herangetragen. Bei mir waren das konkret der Mittelstandsausschuss der Handelskammer, der Verwaltungsrat einer Krankenkasse, die Vertreterversammlung der Rentenversicherung und die Landesmindestlohnkommission. Hinzu kommt das politische Engagement… Das stimmt. In der FDP ist ähnlich wie im iGZ: Nach der einfachen Mitgliedschaft kommen weitere Herausforderungen. Ich habe für den Bremer Senat kandidiert, bin Deputierte der FDP-Fraktion, stellvertretende Vorsitzende des Landesfachausschusses Wirtschaft und wurde in den Bundesfachausschuss Arbeit & Soziales gewählt. Viele Ämter, viele Termine, viel Zeit. Welches Ehrenamt nimmt den breitesten Raum ein? Das war in der Vergangenheit eindeutig der iGZ. Im Prinzip ist es so, dass Du einen Tag in der Woche für den Verband arbeitest. Von außen werden ja nur die Sitzungen und Veranstaltungen gesehen. Letztlich müssen die aber alle auch vor- und nachbereitet werden. Es gibt viel Austausch untereinander. Und der iGZ hat ja auch immer Wert darauf gelegt, dass die Mitglieder des Bundesvorstands sich auch fachlich-strategisch in die Verbandsarbeit mit einbringen und nicht nur ihre Visitenkarte spazieren tragen. Ein Arbeitstag pro Woche? Muss man sich da nicht auch vor den eigenen Mitarbeitern rechtfertigen? Ganz klar! Die Fragen kommen: Warum tust Du Dir das an? Und? Warum haben Sie sich das angetan? Aus zwei Gründen: Erstens genügt es aus meiner Sicht nicht, das eigene Unternehmen als kleine Insel zu betrachten. Ich muss doch ein Interesse daran haben, mich auch für die Rahmenbedingungen und die Branche insgesamt zu engagieren. Denn wenn es der Branche gut geht, geht es auch meinem Unternehmen gut. Zweitens: Natürlich habe ich durch mein Engagement auch einen Informationsvorsprung. Und die Kompetenz, die durch ehrenamtliche Arbeit entsteht, spiegelt sich in den Ämtern nach außen wieder. Das registrieren auch die Kunden. Aber: Eine Verquickung von Eigeninteressen und Verbandsengagement geht für mich gar nicht. Am Ende des Tages darf das eigene Unternehmen nie im Vordergrund stehen. Sonst wäre es ja auch kein Ehrenamt mehr.

Z direkt! 01/2020 NACHGEFRAGT 53 Das klingt nach einer Win-win-Situation. Das ist es idealerweise auch. Übrigens wächst man auch an einer solchen Aufgabe. Ich habe meine Kollegen im Unternehmen immer ermutigt, sich ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren und sie dabei auch unterstützt. Eine leitende Mitarbeiterin war lange im Vorstand der Wirtschaftsjunioren aktiv, eine andere war Mitglied der iGZ-Tarifkommission und hat eine Projektgruppe im Verband geleitet. Ich glaube schon, dass ich da auch ein Stück weit Vorbild gewesen bin. Was haben Sie in der Verbandsarbeit gelernt? Ich habe in der verbandspolitischen Arbeit gelernt, dass man, auch wenn es mühsam ist und lange dauert, doch auch Dinge verändern und mitgestalten kann. Was geht Ihnen denn nicht schnell genug? Können Sie ein Beispiel nennen? Generell sind die Entscheidungsprozesse in der Politik länger und komplizierter, als es von außen den Anschein hat. Was mich persönlich und konkret am meisten frustriert hat, ist, dass sich in all den Jahren das Bild der Zeitarbeit in der Öffentlichkeit nicht wirklich gewandelt hat. Wir haben als Verband so viel unternommen und es wird nicht genügend gesehen oder wertgeschätzt. Was muss der Verband anders machen? Ich weiß gar nicht, ob der Verband so viel ändern muss. Wir haben, glaube ich, in der Vergangenheit auch viel richtig gemacht. Dass wir vor drei Jahren einen Visionsprozess auf den Weg gebracht haben, war zum Beispiel wichtig. Und manchmal kann man es auch einfach gar nicht richtig machen: Schauen Sie sich die Situation in der Pflege an. Da bieten wir mittlerweile bessere Arbeitsbedingungen als im Einsatzbetrieb an und werden von denselben Leuten dafür kritisiert, die uns an den Pranger stellen, wenn wir in einer anderen Branche weniger bezahlen als die dortigen Stamm-Mitarbeiter. Das ist doch paradox. Was muss sich denn ändern? Und wer muss es tun, wenn nicht der Verband? Ich glaube, dass wir eine Diskussion über die Zulassungsvoraussetzungen in der Zeitarbeit führen müssen. Für jeden Friseur-Betrieb gibt es strengere Gründungsauflagen als in der Zeitarbeit. Wir werden das Qualitätsproblem im Einzelfall, das uns ja medial auch immer wieder gerne um die Ohren gehauen wird und das die Politik dann jeweils auch zum Eingreifen nutzt, nur dann in den Griff bekommen, wenn wir die Hürden erhöhen, um ein Zeitarbeitsunternehmen zu gründen. Und da geht es dann tatsächlich nur um das Fachliche. In Österreich muss man in einem Gespräch mit der Zulassungsbehörde nachweisen, dass man über die nötigen Kenntnisse verfügt. Bei uns reicht es, überzogen formuliert, wenn Du keine Einträge im polizeilichen Führungszeugnis hast. Was war rückblickend auf die vergangenen Jahre im iGZ besonders schön? Ich habe immer gerne mit Menschen zu tun. In den Gremien des iGZ sind echte Freundschaften entstanden. Es macht unglaublich Spaß, mit gleichgesinnten Menschen am selben Ziel zu arbeiten. Und wenn ich es recht betrachte, bin ich auch ein bisschen stolz darauf, dass ich auch bei Gegenwind immer Ich geblieben bin. Ich gehe jetzt zu einem Zeitpunkt, der sich gut anfühlt. Ich gehe, weil ich in meinem persönlichen Bereich Dinge neu regeln will. Ich gehe nach einer guten Zeit und freue mich auf das, was auch mich zukommt. Ich bleibe ja Bremer Landesbeauftragte. Und natürlich bleibe ich Mitglied im iGZ und dem Verband gewogen. MS / WS Bettina Schiller ist geschäftsführende Gesellschafterin des iGZ-Gründungsmitglieds Teamworker in Bremen. Sie ist seit 2004 Landesbeauftragte für Bremen. 2008 wurde sie Mitglied im Bundesvorstand. Auf der Mitgliederversammlung 2017 in Bonn wählten sie die iGZ-Mitglieder zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden.

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