Z direkt! Extra richte die gegen Art. 4 Abs. 1 verstoßenden Rechtsvorschriften nicht anwenden dürfen. Der EuGH nahm demgegenüber wie gesagt eine völlig andere Rechtsposition ein. Bezogen auf das Bauhauptgewerbeverbot bedeutete das, dass eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts, ob § 1b AÜG gegen Art. 4 Abs. 1 verstoße, nicht zulässig sein dürfte. Der EuGH müsste mit Hinweis darauf, dass die nationalen Gerichte insoweit keine Prüfbefugnis haben und den § 1b AÜG nicht unangewendet lassen dürfen, nicht antworten. Beantragung eines Vertragsverletzungsverfahrens Als Rechtsmittel kommt die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß § 258 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) in Betracht. Ein solches Verfahren ist bei der EU- Kommission zu beantragen. Parteien des Verfahrens sind die EU-Kommission und ein EU-Mitgliedsstaat. Den Antrag auf Durchführung des Verfahrens kann jedoch jede Person stellen. Ein solches Verfahren leitete die Kanzlei Templin & Thieß aus Hamburg mit einem Beschwerdeschreiben an die EU-Kommission vom 13. Januar 2015 ein. Die Kanzlei monierte die bewusste Nichtumsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104. Die Vorschrift sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bei Verstößen gegen innerstaatliche Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie wirksame und abschreckende Sanktionen festlegen. Die Kanzlei geht davon aus, dass eine langfristige Überlassung gegen die Regelung in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG verstößt, wonach die Überlassung „vorübergehend“ zu erfolgen hat, und beanstandet, dass das AÜG bei Verstößen hiergegen keine Sanktion vorsieht. „Kein Verstoß ersichtlich“ Die EU-Kommission antwortete mit Schreiben vom 20. Juli 2015 auf die Beschwerde der Kanzlei Templin & Thieß unmissverständlich: „Da gemäß der Richtlinie Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, eine Höchstdauer für die Überlassung (…) festzulegen, verstößt das Fehlen einer solchen Begrenzung in den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie nicht gegen ihre Bestimmungen. Da die langfristige Überlassung von Leiharbeitnehmern an entleihende Unternehmen keinen Verstoß gegen die Richtlinie 2008/104/EG darstellt, sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Sanktionen für einen solchen Fall vorzusehen. Aus den Informationen, die Sie uns mit Ihrer Beschwerde übermittelt haben, ist für uns kein Verstoß der deutschen Behörden gegen das EU-Recht ersichtlich.“ Langfristige Überlassung kein Verstoß Aus der Antwort der EU-Kommission kann folgendes wichtiges Fazit gezogen werden: Das AÜG hat in Bezug auf Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG kein Umsetzungsdefizit. Die Regelung, dass Überlassung „vorübergehend“ zu erfolgen hat (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG) muss nicht mit einer Sanktion versehen werden, da die langfristige Überlassung nicht gegen die Zeitarbeitsrichtlinie verstößt. Die Auslegung der Kommission ist verbindlich. Sie ist „Hüterin“ der EU- Verträge. Der EuGH muss diese Auslegung bei seiner Rechtsprechung berücksichtigen und umsetzen. Der Gesetzgeber kann die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer nicht mit einem Umsetzungsdefizit des AÜG begründen. Die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit muss diese Auslegung der EU-Kommission ebenfalls berücksichtigen. Aussicht auf Erfolg Für das Bauhauptgewerbeverbot gemäß § 1b AÜG und andere Beschränkungen wie das Arbeitsverbot für Ausländer in der Zeitarbeit gemäß § 40 Aufenthaltsgesetz ist die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren in Betracht zu ziehen. Es besteht die Aussicht auf Erfolg. RA Stefan Sudmann 16
Extra Z direkt! RAin Judith Schröder, iGZ-Referat Arbeits- und Tarifrecht Ausländerbeschäftigung Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Frage nach den Beschäftigungsmöglichkeiten ausländischer Arbeitnehmer und insbesondere von Flüchtlingen hochaktuell ist. Anlässlich der hohen Flüchtlingsströme hat nun auch der Gesetzgeber auf die aktuelle Situation reagiert und ein umfassendes Reformpaket abgeschlossen, das unter anderem Neuregelungen zum Arbeitsmarktzugang von Asylbewerbern und Geduldeten beinhaltet. Teile dieses Gesetzespaketes sind zum 24. Oktober 2015 in Kraft getreten. Die Regelungen zum Arbeitsmarktzugang gelten seit dem 28. Oktober 2015. Bei der Prüfung, ob und wann ausländische Arbeitnehmer in der Zeitarbeit beschäftigt werden können, wird der Zeitarbeit ein Stolperstein, die Regelung in § 40 Aufenthaltsgesetz, in den Weg gelegt. Danach erteilt die Bundesagentur für Arbeit (BA) keine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn ein Ausländer (Drittstaatsangehöriger, Nicht-EU/EWR-Bürger) in der Zeitarbeit beschäftigt werden will. EU-Mitglieder Aus arbeitserlaubnisrechtlicher Sicht unproblematisch ist die Beschäftigung von Ausländern, die aus einem der EU-Mitgliedsstaaten stammen. Diese benötigen für die Einreise nach und den Aufenthalt in Deutschland kein Visum und keinen Aufenthaltstitel. Auch brauchen sie zur Ausübung einer Beschäftigung keine Arbeitserlaubnis. Sie dürfen ebenfalls in der Zeitarbeit beschäftigt werden. Drittstaatler RAin Judith Schröder, iGZ-Referat Arbeits- und Tarifrecht Anders verhält sich dies bei Drittstaatsangehörigen (Nicht-EU-/ EWR-Bürger). Diese benötigen 17
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