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Zdirekt! 03-2014

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Z direkt! Gastbeitrag

Z direkt! Gastbeitrag Prof. Dr. Frank Bayreuther: Tarifverträge in der Zeitarbeit – rechtlich eigentlich problemlos In der letzten Zeit ist immer wieder die Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeitsbranche, zumindest für die Vergangenheit, angezweifelt worden. Grund ist, dass die Gewerkschaftssatzungen keine oder jedenfalls keine eindeutigen Bestimmungen über eine Zuständigkeit für die Zeitarbeit enthielten. Diese Zweifel sind grundlos. » Die Zeitarbeit hat mit den Tarifverträgen Beachtliches geleistet.« Prof. Dr. Frank Bayreuther, Universität Passau Eine Gewerkschaft kann ohne weiteres Zeitarbeiter vertreten, die in „ihre“ Branche überlassen werden. Das folgt schon daraus, dass Gewerkschaften häufig ein Interesse daran haben, bei der Regelung der Arbeitsbedingungen von Zeitarbeitskräften auch die Belange der Stammbelegschaft des Einsatzbetriebs zu berücksichtigen. Zudem ist die Arbeitgeberstellung in der Arbeitnehmerüberlassung gespalten. Viele Tarifbestimmungen knüpfen am Einsatzbetrieb an und daher müssen Zeitarbeitstarifverträge notwendigerweise auch einsatzbezogen ausgestaltet sein. Einheitliche Regelungen schaffen Dazu kommt, dass, wegen der in Deutschland üblichen Organisation von Gewerkschaften nach dem Industrieverbandsprinzip diesen eine flächendeckende Abbildung der Zeitarbeitsbranche nur möglich ist, wenn sie ihre tariflichen Einzelzuständigkeiten zusammenlegen und einheitliche Regelungen für die gesamte Branche schaffen. Und schließlich: Niemand kann Zeitarbeitnehmer zwingen, einer Zeitarbeits- oder Dienstleistungsgewerkschaft beizutreten, vielmehr müssen diese sich auch in der Fachgewerkschaft organisieren können, die ihrem Berufsbild am nächsten kommt. Alles andere wäre mit dem Koalitionsgrundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG unvereinbar. Und daher kommt es auch nicht darauf an, dass die Gewerkschaft extra in ihre Satzung aufnimmt, dass sie Zeitarbeitnehmer vertreten wird. Und schon gar nicht darf man an Gewerkschaftssatzungen Anforderungen stellen, die für die Beschreibung der Organisationszuständigkeit einer Industriegewerkschaft in einer „klassischen“ Industriebranche herausgebildet wurden. Auf der DGB-Seite war und ist also alles im grünen Bereich. 30

Gastbeitrag Z direkt! Urteil sorgt für Aufregung Bleibt die Frage nach der Wirksamkeit von „pauschalen“ Verweisungsklauseln, mit denen die Zeitarbeitstarifverträge in die Arbeitsverhältnisse einbezogen werden. Hier sorgt nach wie vor ein Urteil des BAG vom 13.3.2013 für einige Aufregung. Danach muss in einer Bezugnahmeabrede auf mehrgliedrige Tarifverträge festgelegt sein, welches der verschiedenen in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Tarifbestimmungen den Vorrang haben soll. Der Arbeitgeber soll also nicht etwa nur auf die „zwischen dem Zeitarbeitgeberverband X und den DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge“ verweisen können, sondern müsste auch regeln, welcher Tarifvertrag gelten soll, wenn der Verband etwa mit ver.di andere Arbeitsbedingungen vereinbaren würde als mit der IG Metall. Fehlt es an einer solchen Kollisionsregel, sei die Verweisungsabrede intransparent und folglich unwirksam. Damit geht dem Arbeitgeber die Befreiung vom Equal Pay-Gebot verloren und er müsste, nur begrenzt durch die Verjährung, Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden die Lohndifferenz samt Abgaben auf die Kundenentgelte nachentrichten. Die Folgen kann man sich leicht ausmalen. iGZ-DGB-Tarifverträge nicht mehrgliedrig Was folgt daraus für Arbeitsverträge, in denen auf die iGZ-DGB-Tarifverträge verwiesen wurde? Nichts! Das BAG hält eine „Kollisionsregel“ nämlich nur dann für erforderlich, wenn die Vertragsklausel auf mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke und damit auf mehrgliedrige Tarifverträge verweist. Bei den iGZ-DGB-Tarifverträgen handelt es sich aber um keine „mehrgliedrigen“, sondern vielmehr um sogenannte „einheitliche“ Tarifverträge. Das ergibt sich aus deren Wortlaut, der Tarifhistorie, der Systematik und ihrem Regelungszweck. Nachdrücklich belegt das auch ein Vergleich mit der in all diesen Punkten völlig anders gelagerten Situation bei den AMP-CGZP-Tarifverträgen und nur diese lag dem BAG zur Entscheidung vor. Ausgangspunkt war, dass die Gerichte die am Vertragsschluss beteiligten Gewerkschaften Stück für Stück für tarifunfähig erklärt haben. Da mit dem Wegfall jedes Tarifpartners der Tarifvertrag unwirksam zu werden drohte, wurde in der Beratungspraxis die Idee geboren, dass nur noch mehrgliedrige Tarifverträge abgeschlossen werden sollten. Sprich: Jede Gewerkschaft sollte autonom und eigenständig einen Tarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband abschließen. Die einzelnen Tarifverträge wurden dann mehr oder weniger nur „drucktechnisch“ in einem einzigen „Aktenordner“ zusammengefasst. Kollisionsregeln aufnehmen Naturgemäß war die Ausgangslage für die DGB-Gewerkschaften eine völlig andere. Deren Tariffähigkeit (die von der oben diskutierten Tarifzuständigkeit zu unterscheiden ist!) stand nie in Zweifel. Sie mussten keine Verrenkungen unternehmen, um überhaupt erst einmal einen wirksamen Tarifvertrag abschließen zu können, sondern konnten sich wie „normale“ Tarifvertragsparteien auf inhaltliche Fragestellungen konzentrieren. Natürlich sind die iGZ-Mitglieder dessen ungeachtet gut beraten, unbedingt Kollisionsregeln in ihre Arbeitsverträge aufzunehmen, denn Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste. Zeitarbeitsbranche adäquat ordnen Noch ein Letztes: Das Arbeitsrecht hat mit der AÜG- Novelle 2003 juristisches Neuland betreten. Die Rechtsprechung sah sich damit vor einige Herausforderungen gestellt und tatsächlich zeichneten sich im unmittelbaren Anschluss an die Liberalisierung der Zeitarbeit auch weniger zufriedenstellende Entwicklungen ab, denen die Gerichte mit Recht korrigierend entgegen getreten sind. Man darf den Bogen aber nicht überspannen. Organisationsklauseln von Gewerkschaften oder vertragliche Bezugnahmeabreden dürfen nicht mit dem Millimeterstab höchster juristischer Formulierungskunst vermessen werden. Vielmehr verlangt Art. 9 Abs. 3 GG, dass die Rechtsordnung es den Tarifpartnern ermöglicht und nicht etwa erschwert, die Zeitarbeitsbranche adäquat ordnen zu können. Insoweit wäre es dann auch an der Zeit einmal anzuerkennen, dass diese hier Beachtliches geleistet haben. Man denke dabei nur an die Branchenzuschlagstarifverträge oder an die Tarifverträge einzelner Branchen zum Einsatz von Zeitarbeitnehmern, die zu einer deutlichen Beruhigung der einige Zeit durchaus aufgeregt geführten Diskussion um die Zeitarbeit beigetragen haben. 31

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