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Zdirekt! 03-2020

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44 RECHT DIREKT

44 RECHT DIREKT Änderungen des AEntG: Auswirkungen auf innerdeutsche Überlassungen Der europäische Gesetzgeber hat die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Arbeitnehmer- Entsenderichtlinie) geändert. Die Mitgliedsstaaten der EU sind verpflichtet, die darin vorgesehenen Änderungen umzusetzen. In Deutschland ist deshalb zum 30. Juli 2020 das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) geändert worden. Das AEntG schreibt bestimmte Arbeitsbedingungen vor, die aus dem Ausland nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern zwingend zu gewähren sind. Daneben hat das AEntG für in Deutschland ansässige Personaldienstleister eine wichtige Bedeutung. Denn § 8 Absatz 3 AEntG legt fest, dass auch überlassenen Zeitarbeitnehmern bestimmte Mindestarbeitsbedingungen gewährt werden müssen, wenn sie zur Ausübung von Tätigkeiten überlassen werden, die einer bestimmten Branche zuzuordnen sind. Diese Regelung ist im Zuge der Gesetzesänderung ebenfalls modifiziert worden. RELEVANTE RECHTSQUELLEN Für Personaldienstleister sind bei Überlassungen innerhalb Deutschlands zwei Rechtsquellen zu berücksichtigen. Dies sind zum einen für allgemeinverbindlich erklärte, bundesweit geltende Tarifverträge und zum anderen Rechtsverordnungen nach §§ 7, 7a AEntG. Tarifverträge sind zwischen Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossene Vereinbarungen, die Regelungen über den Inhalt von Arbeitsverhältnissen enthalten. Sie gelten nur für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die Mitglieder der den Tarifvertrag schließenden Parteien sind. Infolge einer Allgemeinverbindlicherklärung wird der Anwendungsbereich eines Tarifvertrages über diesen Personenkreis hinaus ausgedehnt. Daneben besteht die Möglichkeit, dass die Regelungen eines Tarifvertrages durch eine vom Gesetzgeber erlassene Rechtsverordnung auch bisher nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfassen. Dies geschieht auf Antrag der Parteien des Tarifvertrages und setzt voraus, dass die erweiterte Anwendung im öffentlichen Interesse geboten ist, um die Ziele des AEntG zu Gilbert Schlösser erreichen.

Z direkt! 03/2020 RECHT DIREKT 45 ÄNDERUNGEN BEI ALLGEMEINVERBINDLICHEN TARIFVERTRÄGEN Durch die Änderungen des AEntG müssen Personaldienstleister in Bezug auf die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge bei einer Überlassung innerhalb Deutschlands neue Grundsätze beachten. So waren für Personaldienstleister bisher allgemeinverbindliche Tarifverträge des Baugewerbes zu berücksichtigen. Diese Beschränkung ist nun weggefallen mit der Folge, dass künftig allgemeinverbindliche Tarifverträge aller Branchen zu beachten sein können. Allerdings wird diese Erweiterung in zweierlei Hinsicht eingeschränkt. So sind zum einen nur solche allgemeinverbindlichen Tarifverträge zu berücksichtigen, die bundesweit gelten oder zusammengefasst räumlich das gesamte Gebiet Deutschlands abdecken. Nur in einzelnen Bundesländern geltende allgemeinverbindliche Tarifverträge genügen nicht. Zum anderen ergibt sich eine Einschränkung daraus, dass nur solche Tarifverträge zu beachten sind, die Regelungen zur Urlaubsdauer, zum Urlaubsentgelt oder Urlaubsgeld, zu Beiträgen zu Urlaubskassen und zu Unterkünften enthalten. Regelungen zu Mindestentgelten bei Überlassungen innerhalb Deutschlands sind somit nicht zu berücksichtigen. Solange es keine entsprechende Rechtsverordnung gibt, müssen Personaldienstleister also nicht das Mindestentgelt gewähren, das in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag der Kundenbranche festgeschrieben ist. regeln. Gut für Personaldienstleister: Eine Differenzierung nach Tätigkeit und Qualifikation anhand mehrerer Entgeltstufen ist nicht neu. Solche Differenzierungen sind beispielsweise bereits aus der Gebäudereinigung oder dem Maler- und Lackiererhandwerk bekannt. AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Die Änderungen des AEntG wirken sich auf innerdeutsche Überlassungen insoweit aus, als Personaldienstleister künftig vor einer Überlassung prüfen müssen, ob für die beim Kunden ausgeübte Tätigkeit ein für allgemeinverbindlich erklärter, bundesweiter Tarifvertrag, der Regelungen zu Urlaubsdauer, Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld, Beiträgen zu Urlaubskassen oder zu Unterkünften enthält, oder eine Rechtsverordnung, die verbindliche Branchenmindestlöhne für die Tätigkeit vorgibt, vorliegt. Auch laufende Überlassungen müssen diesbezüglich überprüft werden. Der Zoll und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben auf ihren Websites Übersichten zu den nach dem AEntG zu beachtenden Mindestarbeitsbedingungen eingerichtet. Auf der Website des iGZ können wie bisher die zu beachtenden Rechtsverordnungen sowie eine zusammenfassende Übersicht abgerufen werden. JK ÄNDERUNGEN BEI RECHTSVERORDNUNGEN Hinsichtlich der Rechtsverordnungen ergeben sich für Personaldienstleister demgegenüber keine großen Veränderungen. Personaldienstleister müssen auch weiterhin die Regelungen beachten, die schon bisher durch verschiedene Rechtsverordnungen verbindlich vorgeschrieben sind. Dies betrifft insbesondere Mindestlöhne in einzelnen Branchen, beispielsweise in der Pflege oder im Elektrohandwerk. Zukünftig wird die Möglichkeit bestehen, über eine Rechtsverordnung bis zu drei Entgeltstufen verbindlich zu machen. Obwohl bisher noch kein Antrag vorliegt, mit dem von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist zu erwarten, dass die Tarifvertragsparteien der einzelnen Branchen dies nutzen werden und nicht mehr – wie es bisher häufig der Fall war – nur eine zu berücksichtigende Lohnuntergrenze MEHR ZUM AEntG www.ig-zeitarbeit.de/db-recht/258

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