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Zdirekt! 03-2016

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Z direkt! Nachgefragt

Z direkt! Nachgefragt iGZ-Interview mit Dr. Michael Fuchs, stellv. Fraktionsvorsitzender CDU/CSU Fuchs: „Zeitarbeitsbranche ist ein Integrationsmotor“ Die geplante Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist in der ersten Lesung im Bundestag diskutiert worden. Doch wird das Gesetz dem sich wandelnden Arbeitsmarkt gerecht? Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-Hauptstadtbüro, sprach darüber mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Michael Fuchs. Z direkt!: Der Arbeitsmarkt wandelt sich. Stichworte sind Demografie, Fachkräftemangel, Digitalisierung und Einstellungswandel der Arbeitnehmer, vor allem der Generation Y. In der Sharing-Economy wird Flexibilität auch in der Arbeitswelt dominant. Spiegelt sich diese Flexibilität hinreichend in der politischen Diskussion wider? Fuchs: Zeitarbeit, Minijobs und Teilzeitbeschäftigung gehören seit langem zum Arbeitsmarkt. Sie ermöglichen vielen Menschen den Einstieg in die Arbeitswelt oder die Chance, sich ohne viel bürokratischen Aufwand Geld dazuzuverdienen. Für Unternehmen und Betriebe bieten sie die Chance, flexibel auf die Auftragslage zu reagieren. Natürlich darf diese Flexibilität nicht zu Missbrauch führen. Insgesamt aber werden flexible Rahmenbedingungen angesichts einer veränderten Arbeitswelt eher wichtiger als unwichtiger. Die Digitalisierung der Wirtschafts- und Arbeitswelt wird zu mehr Differenzierung, Flexibilisierung und Spezialisierung führen. Jedenfalls die Union ist sich dieser Tatsache bewusst. Wir leisten hier jeden Tag Überzeugungsarbeit gegenüber dem Koalitionspartner. Z direkt!: Die Zeitarbeit wird häufig mit Helfertätigkeiten gleichgesetzt. In Wahrheit ist die Branche bunt. Dazu gehören Fachkräfte, Spezialisten und Akademiker. In der politischen Diskussion werden diese oft ignoriert. Ist der Blick der Politik auf die Branche zu eng? Fuchs: Ich finde ja. Die Zeitarbeitsbranche ist vielfältig. Immer öfter treten Firmen an uns heran, die uns erklären, dass sie externe Experten einstellen. So haben Zeitarbeit, Werk- und Dienstverträge in den vergangenen Jahren zum Beispiel auch auf dem Ingenieurarbeitsmarkt stark zugenommen. Firmen, die auf solche Beschäftigungsverhältnisse setzen, geht es dabei nicht primär um niedrigere Kosten. Viel mehr wollen sie Auftragsspitzen abdecken und an qualifizierte Mitarbeiter herankommen. Anspruchsvolle Aufgaben werden dann an selbstständige Ingenieure, Ingenieurgesellschaften, Dienstleister und Entwicklungspartner übertragen. Dies ist eine nachvollziehbare Entwicklung auf einem sich immer rascher entwickelnden globalen Markt. Übrigens ist auch für eine Reihe von Zeitarbeitnehmer ein projekthaftes Arbeiten genau das, was sie wollen. Z direkt!: Noch etwas konkreter: Gerade im Bereich der Hochqualifizierten bietet die Zeitarbeit flexible Personallösungen im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Sollte dies nicht stärker Beachtung finden? Fuchs: Mit der in der Koalition erzielten Einigung über die Regelung von Zeitarbeit und Werkverträgen konnten gerade in diesem Bereich Fortschritte erreicht werden. Die neue Regelung gibt unter anderem den Arbeitgebern die notwendige Flexibilität bei der tarifvertraglichen Gestaltung der Zeitarbeit. Dies steigert nicht nur die Wertschätzung, sondern vor allem auch die Sicherheit hochqualifizierter Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber. Die stärkere Ausdifferenzierung der Beschäftigungsverhältnisse durch voranschreitende Digitalisierung, gerade bei den Hochqualifizierten, braucht zudem eine möglichst genaue Gesetzgebung hinsichtlich der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Durch die zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und einen steigenden Trend zu 6

Nachgefragt Z direkt! projektbezogener Arbeit werden gut ausgebildete Arbeitskräfte gerade für den Sektor Zeitarbeit attraktiver. Am häufigsten werden Arbeitskräfte aus den Fachbereichen Informatik, Ingenieurwesen und Wirtschaftswissenschaften gesucht. Diese hochqualifizierten Zeitarbeitnehmer werden oft im Rahmen von befristeten Projekten eingesetzt. Es ist schwierig, diese Einsätze vorzeitig beenden zu müssen, weil die Überlassungshöchstdauer des Zeitarbeiters erreicht ist. Hier sehen wir noch Diskussionsbedarf. Z direkt!: Was muss am Regierungsentwurf noch geändert werden? Fuchs: Zunächst einmal müssen wir festhalten, dass vor der Kabinett-Befassung bereits einiges erreicht wurde. Ich denke an die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen zur tarifvertraglichen Gestaltung der Höchstüberlassungsdauer und des Equal Pay bei der Zeitarbeit. Im parlamentarischen Verfahren werden wir uns insbesondere die Aussagen zum Equal Pay genau anschauen. Unser Ziel ist es, durch eine klarere Bestimmung dessen, was bei Equal Pay zu berücksichtigen ist, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Z direkt!: In dem Gesetz wird von einem „Zweck“ der Zeitarbeitsbranche gesprochen. Welchen Zweck kann die Branche in Zukunft erfüllen? Dr. Michael Fuchs, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Z direkt!: Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das zentrale Gesetz der gesamten Zeitarbeitsbranche in Deutschland, wird derzeit erneut überarbeitet. Kann es richtig sein, dass die Flexibilität der deutschen Wirtschaft erneut eingeschränkt wird, obwohl die Standards der Branche inzwischen hoch und tariflich abgesichert sind? Fuchs: Sie können davon ausgehen: Ich halte die Flexibilität der Zeitarbeit für ein hohes Gut. Allerdings gibt es Vorgaben des Koalitionsvertrags. Zu denen stehen wir auch. Mehr Regulierung wollen wir aber nicht. Fuchs: Zeitarbeit, also die Arbeitnehmerüberlassung, ist für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt unverzichtbar. Besonders für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose ist sie ein wichtiges Sprungbrett in den Arbeitsmarkt. Rasch ändernde Rahmenbedingungen durch die Globalisierung, Konjunkturschwankungen in den Branchen und der technische Fortschritt verlangen von unseren weltweit agierenden Unternehmen immer schnellere Reaktions- und Anpassungsfähigkeit. Hinzu kommen die Herausforderungen bei der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Durch die Zeitarbeit auf dem Arbeitsmarkt wird den Unternehmen die nötige Flexibilität im Personaleinsatz an die Hand gegeben. Das IAB in Nürnberg hat aktuelle Zahlen vorgelegt. Danach ist die Zeitarbeit ein Integrationsmotor und hilft Ausländern aber auch Langzeitarbeitslosen dabei, Anschluss an den Arbeitsmarkt zu finden. Ich bin der Meinung, die Zeitarbeit erfüllt einen äußerst wichtigen Zweck im Arbeitsmarkt. Z direkt!: Geht der Kabinettsentwurf in den Details denn nicht weit über den Koalitionsvertrag hinaus? Fuchs: Manchmal ist es natürlich eine Frage der Betrachtung, ob der Entwurf über den Koalitionsvertrag hinausgeht oder ihn nur konkretisiert. Ich habe hier sicher eine andere Sichtweise als zum Beispiel Frau Nahles. Konkret sehe ich etwa nicht, dass der Koalitionsvertrag so strenge Sanktionen vorsieht, wie es der Gesetzentwurf bei Verstößen gegen Equal Pay macht. 7

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