16 TITELTHEMA er dann am produktivsten ist – das überlasse ich meinen Mitarbeitern. Wichtig ist da aber auch, dass ich meine Mitarbeiter mitnehme und auch mit gutem Beispiel vorangehe und diese Regeln selbst lebe. Aber Selbstführung betrifft ja nicht nur die Führungskraft, sondern auch jedes Teammitglied, oder? Ja, jeder einzelne von uns führt auch sich selbst und zur Selbstführung gehört auch Selbstdisziplin. Wie strukturiere ich meinen Tag? Aber auch das Thema Selbstreflexion und Selbsterkenntnis ist hier sehr wichtig. Wie wirke ich, wie ist mein Selbstbild, wie ist mein Fremdbild? Der nächste Baustein bei der Selbstführung ist das Selbstvertrauen. Welches Vertrauen habe ich in Tools, Wir müssen also nicht nur das Führen selbst, sondern auch Führungswerte neu definieren? Zumindest sollten Unternehmen jetzt ihre Werte überprüfen. Vertrauen ist sicherlich kein neuer Wert. Aber sich zu fragen, was sind meine Werte und welche Werte sind mir aktuell in dieser Krise wichtig, bringt mich enorm weiter. Wie leben wir diese Werte und wie messen wir, dass wir sie auch wirklich leben? Wir alle leben mittlerweile seit mehr als einem Jahr mit Corona und den diversen Einschränkungen. Besonders schwierig in dieser Krise ist es, neue Mitarbeiter „on board“ zu holen. Wie mache ich dies am besten digital? »Wer sich einem Führen aus der Distanz verschließt, wird es schwer haben, als Führungskraft zu bestehen.« in die Technik? Traue ich mir zu, mein Team durch diese schwierige Zeit zu führen und was benötige ich für mehr Selbstvertrauen? Was kann ich mir und meinen Mitarbeitern Gutes tun in dieser schwierigen Zeit, die uns alle an unsere Grenzen bringt? Die Selbstfürsorge dürfen wir dabei auch nicht vergessen. Menschen, die zum Perfektionismus neigen, arbeiten oft immer mehr. Ein Burn-out bekommen nicht diejenigen, die faul sind, sondern diejenigen, die es besonders gut machen wollen. Sich selbst Grenzen zu setzen und sich selbst zu führen ist während der Coronakrise noch viel wichtiger geworden. Das hat nicht jeder gelernt und Führungskräfte sollten dies auch mit ihren Teammitgliedern üben. Als Führungskraft ist es auch meine Aufgabe, jeden einzelnen Mitarbeiter mehr zu einem eigenverantwortlichen Mitdenker zu entwickeln, als immer nur mit der nicht seltenen Konsequenz anzuweisen, dass er Dienst nach Vorschrift macht. Am Ende wollen wir als Team und Unternehmen zusammen erfolgreich sein. Das setzt voraus, dass wir uns gegenseitig unterstützen, aufeinander aufpassen und verantwortlich fühlen. Wenn ich neu in ein Unternehmen komme, ist der Kontakt zu den Personen enorm wichtig. Wie kann ich das online übertragen? Zusätzlich zum bekannten Onboarding mit Vorstellungsrunden und Infomappen sollte ich in der aktuellen Situation die Kontaktdichte erhöhen, zum Beispiel in dem ich als Führungskraft jeden Morgen ein kurzes Stand-up-Meeting mit dem neuen Mitarbeiter mache: eine Viertelstunde lang einen digitalen Kaffee zusammen trinken, um zu besprechen, was heute ansteht, Fragen des Mitarbeiters besprechen, Tipps geben. Zeitgleich sollte ich den neuen Mitarbeiter im Team verankern. Dazu könnte ich für den Mitarbeiter im Team einen Mentor und einen „Buddy“ suchen, also jemanden, der den neuen Kollegen bei den Arbeitsaufgaben unter seine Fittiche nimmt, und jemanden, einen Sparringspartner, der für jegliche Fragen zur Verfügung steht. So entsteht relativ schnell, auch ohne direkten persönlichen Kontakt im Büro, eine enge Vernetzung zwischen dem Team und dem neuen Mitarbeiter.
Z direkt! 01/2021 TITELTHEMA 17 Außergewöhnliche Zeiten erfordern auch außergewöhnliche Maßnahmen? Ja, genau. Da kommt es auch oft einfach auf die kleinen Gesten an. Ich kann einem neuen Mitarbeiter zum Beispiel auch ein kleines Willkommenspaket nach Hause schicken. Ein Unternehmen, das ich berate, verschickt Päckchen mit einem Stück Fell darin – mit dem Satz „Bei uns brauchst Du manchmal ein dickes Fell!“ –, etwas Schokolade als Nervennahrung und ein Notizbuch. Das sind alles Kleinigkeiten, aber es ist eine liebevolle Geste, die den neuen Mitarbeiter in dieser schwierigen Zeit abholt und kreativ einbindet. Die Idee mit dem Fell und der Schokolade ist übrigens in einem Mini-Workshop entstanden, in dem ein Chef gemeinsam mit seinem Team Ideen gesucht hatte, wie ein neuer Mitarbeiter am besten integriert werden könnte. Als Führungskraft muss ich schon einiges beachten, wenn ich gut führen möchte … Ja, das war aber auch vor Corona schon so. Wenn ich Führung ernst nehme, dann ist es kein leichter Job. Wenn ich Führungskräfte frage, wieviel Prozent sie eigentlich führen, dann höre ich oft 20 bis 30 Prozent. Ist das nun wirklich Führungskraft oder ist das Führungsschwäche? Da kann man sich auch mal Gedanken machen, wie viel Prozent sollte ich denn eigentlich führen. Natürlich muss ich auch managen und das mischt sich manchmal. Generell ist es eine große Aufgabe, zu führen. Und es gibt auch keine eierlegende Wollmilchsau. Jeder hat seine Stärken und Schwächen und sollte schauen, was gerade jetzt gebraucht wird, um die Nähe zu den Mitarbeitern trotz der Distanz zu halten und weiter auszubauen. Die Generation Y tickt ganz anders als die Älteren. Welcher Führung bedarf es, um diese jungen Menschen anzusprechen und mitzunehmen? Da gibt es auch solche und solche jungen Menschen. Aber bei den Jüngeren stehen vor allem die Themen Sinn und Nachhaltigkeit mit ganz oben auf der Liste. Diese sollte ich vor allem mitnehmen, in dem ich Sinn und Nutzen stifte. Was ist unser Ziel? Was ist der Sinn und Zweck unseres Teams? Was wollen wir erreichen? Weswegen tun wir, was wir tun, und wie und wofür tun wir es? Und wie nachhaltig ist unser Tun? Diese Punkte sind in der Krise noch wichtiger geworden. Wie nachhaltig hat Corona das Thema Führen aus Ihrer Sicht verändert? Wird es in den deutschen Büros jemals wieder so sein wie vor der Pandemie? Corona hat uns deutlich gemacht, dass wir umdenken müssen, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Wir sollten auch mit Augenmaß überprüfen, was uns die Pandemie Gutes gebracht hat, welche Ressourcen wir aus der alten Welt weiter nutzen können und wie wir beides – das New Normal und das Arbeiten vor Corona – am besten miteinander kombinieren können. Führen vor Ort und Führen aus der Distanz wird wohl in Zukunft unzertrennlich sein, in welcher Ausprägung hängt vom jeweiligen Unternehmen, der jeweiligen Führungskraft und gegebenenfalls von den äußeren Umständen ab. SaS Susanne Nickel ist Rechtsanwältin, Wirtschaftsmediatorin, Business Coach und Expertin für Change Management und innovative Leadership. Ihre Erfahrungen sammelte sie als Managerin und Beraterin sowohl in nationalen als auch internationalen Unternehmen und Konzernen – zuletzt als Bereichsleitung Management Development bei Kienbaum und als Head of HR bei der Haufe Akademie im Consulting. Sie lehrt als Dozentin Leadership an namhaften Hochschulen und war viele Jahre als ADAC-Pressesprecherin und Rechtsexpertin im Fernsehen zu sehen. Führen auf Distanz, ISBN: 978-3-648-14778-8
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