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Zdirekt! 01-2016

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Z direkt! Nachgefragt

Z direkt! Nachgefragt iGZ-Interview mit Ariane Durian, iGZ-Bundesvorsitzende „Zeitarbeitsunternehmen sind Integrations-Profis“ „Bei der Integration von Flüchtlingen in Arbeit kann man viele Fehler machen. Darum ist es wichtig, dass ein Profi am Werk ist. Integration ist weit mehr als ein Sprachkurs“, weiß iGZ-Bundesvorsitzende Ariane Durian. Im Interview verrät Durian, wie die Zeitarbeitsbranche bei der Eingliederung von Flüchtlingen gerade auch kleineren und mittelständischen Unternehmen helfen kann. Z direkt!: Frau Durian, was gehört Ihrer Meinung nach neben Sprachkursen zu einer erfolgreichen Flüchtlingsintegration? Durian: Sprachkurse sind schon ein sehr zentrales Element in der Integration, denn die Sprache ist der Schlüssel zu allem anderen, was wir gerade auch den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, vermitteln müssen. Es ist wichtig ausländische Beschäftigte Stück für Stück mit unserer deutschen Kultur vertraut zu machen. Damit meine ich nicht, dass wir ihnen unsere Lebens- und Arbeitsform aufdrängen sollen. Verständnis für die Lebensart und auch das Arbeitsumfeld des anderen sind aber wichtig, um Konflikte zu vermeiden. Dazu gehören auch vermeintlich kleine Dinge, die zwar für uns selbstverständlich sind. Für Menschen, die unfreiwillig von zuhause vertrieben wurden, können sie jedoch gänzlich unbekannt sein, wie etwa die üblichen Pausenzeiten oder die örtlichen Regeln zur Mülltrennung. Gerade wenn ein ausländischer Kollege noch nicht lange in Deutschland lebt, muss ihn in der ersten Zeit jemand unterstützen. Gleichzeitig gilt es herauszufinden, welche Qualifikationen der Mensch, der da vor einem sitzt, tatsächlich mitbringt. Es ist ja auch niemandem damit gedient, wenn er einfache Helfertätigkeiten ausübt, obwohl er eigentlich ganz andere Talente hat. Insofern gilt es Schul- und Berufsabschlüsse sowie informelle Fähig- und Fertigkeiten zu erfragen und zu prüfen, welchen Standards diese Abschlüsse hier bei uns entsprechen. Und schließlich darf man auch die psychologische Seite nicht aus den Augen verlieren. Nicht wenige Flüchtlinge kommen traumatisiert bei uns an angesichts dessen, was sie in ihrer Heimat oder auf der Flucht erleben mussten. Z direkt!: Die Integration ist also recht komplex? Durian: Bei der Integration von Flüchtlingen kann man in der Tat viele Fehler machen. Darum ist es wichtig, dass ein Experte das begleitet. Ich glaube, dass es gerade für kleine und mittelständische Unternehmen nicht durchführbar ist, diese Arbeit für einzelne Flüchtlinge mal eben nebenbei zu erbringen. Dabei wäre die Integration doch gerade in diesen kleineren Einheiten ungleich effektiver zu leisten. Zeitarbeitsunternehmen können diese Integrationsleistung für ihre Kundenunternehmen erbringen. Das kann klassisch in der Rechtsform der Arbeitnehmerüberlassung stattfinden. Oder man löst es in Form einer Personalvermittlung mit nachgelagerter Betreuung des Mitarbeiters durch den Personaldienstleister. Angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels gilt es hier innovative Wege zu beschreiten. Z direkt!: Sind alle Zeitarbeitsunternehmen in der Lage, diese Aufgaben so wahrzunehmen? Durian: Niemand hat so viel Erfahrung bei der Integration von Menschen in Beschäftigung wie die Zeitarbeit. Und gleichzeitig hat auch niemand so viel Erfahrung mit der Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitern wie die Zeitarbeit. Das sind schon einmal sehr gute Voraussetzungen. Wir wissen, dass es für viele Mitarbeiter wichtig ist, sie an den ersten Arbeitstagen zum Kundenunternehmen zu begleiten. Viele Zeitarbeitsunternehmen bieten einen Fahrdienst an, holen ihre Mitarbeiter morgens also 6

Nachgefragt Z direkt! zuhause ab. Wenn nötig, gibt es vorab noch einen telefonischen Weckruf. Unsere Personaldisponenten helfen auch bei Problemen mit Behörden oder anderen Notlagen. Das dauert natürlich länger, wenn jemand nur gebrochen Deutsch spricht – ist dann aber umso wichtiger. Darüber hinaus bietet der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen im kommenden Jahr seinen Mitgliedsunternehmen und deren Mitarbeitern Seminare an, die sie zu Integrationsexperten qualifizieren. So sind sie vorbereitet auf die Themen, die ich gerade benannt habe. Dazu gehören dann auch die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausländerbeschäftigung. Gleichzeitig haben wir parallel auch im Verband unsere arbeitsmarktpolitische Expertise hauptamtlich ausgebaut und dort eine neue Stelle geschaffen, die sich unter anderem auch mit den Integrationsproblemen von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt beschäftigt. Ariane Durian, iGZ-Bundesvorsitzende Z direkt!: Aktuell gilt für Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland ein 15-monatiges Beschäftigungsverbot in der Zeitarbeit. Es sei denn, sie werden in einem Beruf mit Fachkräftemangel beschäftigt. Schränkt das die Möglichkeiten der Branche, Flüchtlinge zu integrieren, nicht enorm ein? Durian: Ja, das ist sicherlich eine unnötige Diskriminierung der Zeitarbeit. Wir argumentieren daher gegenüber der Politik offensiv damit, dass wertvolle Integrationsleistungen unserer Branche ungenutzt bleiben, wenn wir hier nicht in die Lage versetzt werden, ebenfalls im Zuge der Vorrangprüfung Menschen nach drei Monaten in Arbeit bringen zu können. Wie eben aber schon geschildert: Wir können als Branche trotzdem im Rahmen der Personalvermittlung tätig werden. In diesem Fall kümmert sich das Zeitarbeitsunternehmen von der Personalsuche über Auswahlgespräche bis hin zur Anerkennung der ausländischen Berufsausbildung, Vorqualifizierung und Vermittlung um den gesamten Prozess. Anschließend wird die Arbeitskraft direkt im Kundenbetrieb angestellt und gegebenenfalls weiter betreut. Das ist möglich, sobald ein Flüchtling eine Arbeitserlaubnis hat. Unternehmen können also auch schon früher auf die umfangreichen Dienstleistungen von Personaldienstleistern zurückgreifen und müssen sich nicht selbst mit dem sehr zeitaufwändigen Rekrutierungsprozess beschäftigen. Z direkt!: Wie hoch schätzen Sie denn das Beschäftigungspotenzial der Flüchtlinge ein, die zu uns kommen? Durian: Sicherlich haben die vergangenen Monate etwas an Ernüchterung gebracht, was die beruflichen Qualifikationen der Menschen angeht, die zu uns kommen. Nur deutlich unter zehn Prozent der Flüchtlinge sind laut Einschätzungen des Bundesarbeitsministeriums in der Lage, kurzfristig bei uns eine Beschäftigung aufzunehmen. Viele junge Menschen ohne Berufsausbildung erreichen unser Land. Es wäre sicherlich das falsche Signal, diese Menschen in einer unqualifizierten Helfertätigkeit zu „parken“. Hier gilt es Talente zu erkennen und Bildung zu organisieren. Wie genau das funktionieren kann, müssen wir in den nächsten Monaten erproben und herausfinden. Es ist viel in Bewegung derzeit. Die Zeitarbeitsbranche steht jedenfalls bereit und wird diese Herausforderung angehen. 7

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