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06.10.21 Verletzung von

06.10.21 Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Beleidigung, Schmähkritik BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 240/19 - K war bei B seit September 2001 als kfm. Angestellte im Einkauf beschäaigt. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses sah sie sich durch ihre Vorgesetzten wegen ihres Geschlechts und ihrer afghanischen Herkuna diskriminiert. In einer E-Mail vom 21.9.2008 an den damaligen Vorstandsvorsitzenden der B gab K an, seit einigen Jahren würden „Guerilla-Akfonen“ gegen sie geführt, sie habe eine „himmelschreiende Ausländer- und Frauenfeindlichkeit“ vorgefunden. Bei ihrem „Chef“ handele es sich um einen „unterbelichteten Frauen- und Ausländerhasser“. K wies in der E- Mail darauf hin, dass sie drei „unterhaltspflichfg(e)“ Kinder habe. Weiter: Ich darf Ihnen hiermit schrialich bestäfgen, dass kein Jude in diesem Land jemals solche seelischen Qualen erleiden musste, wie ich; und das ist mein Erleben und Empfinden, und kein Gesetz der Welt kann mir verbieten, darüber zu berichten. K hielt ihrem unmi^elbaren Vorgesetzten Mobbing, Bossing, unberechfgte Krifk sowie unsachliche und leere Bemerkungen vor, ferner, dass er seine Posifon nur innehabe, um einer intellektuellen Frau das Leben zur Hölle zu machen. Seine Fähigkeiten reichten offensichtlich nicht dazu, als Führungskraa zu fungieren. Er verstehe nicht einmal „den Unterschied zwischen Kosten und Preis“. K versandte die E-Mail an weitere zwölf Mitarbeiter der B. 15 Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Beleidigung, SchmähkriRk BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 240/19 - Eine erhebliche Pflichtverletzung - die sogar eine außerordentliche Kündigung rechXerYgen kann - stellen ferner grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - KriYk am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der PosiYon eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen. Schmähkri5k genießt nach der Rspr. des BVerfGs nicht den Schutz von Art 5 Abs 1 S 1 GG. Eine Schmähung ist eine Äußerung - unter BerücksichYgung von Anlass und Kontext - jedoch nur dann, wenn jenseits auch polemischer und überspitzter KriYk nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Ein AN kann sich für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art 5 Abs 1 GG berufen. Solche Behauptungen sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst. Anderes gilt für Äußerungen, die nicht Tatsachenbehauptungen, sondern ein Werturteil enthalten. Sie fallen in den Schutzbereich des Rechts auf Meinungsfreiheit. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind. 16 8

06.10.21 Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Die verspätete AUB – BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19 K war bei B langjährig als Lagerist beschäaigt. Er war nach den Feststellungen des LAG seit Juli 2016 durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 9.11.2016 wies B den K darauf hin, dass dem Vorgesetzten unverzüglich mitzuteilen sei, wenn eine Arbeitsunfähigkeit bestehe. Außerdem sei deren voraussichtliche Dauer anzugeben. Die Abgabe oder Übersendung einer AUB genüge grundsätzlich nicht für eine unverzügliche Anzeige, da sie dem Vorgesetzten nicht vor Beginn der Kernarbeitszeit am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit bzw. von deren Verlängerung vorliegen könne. Die Grundsätze gölten nicht nur bei einer Ersterkrankung, sondern auch bei ihrer Fortdauer über den ursprünglich bescheinigten Zeitraum hinaus. B mahnte den K mit Schreiben vom 11. Januar 2017 und weiteren ab. Eine am Montag, dem 7. August 2017 an der Pforte abgegebene Bescheinigung über eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des K über den 4. August 2017 hinaus erreichte seinen Vorgesetzten erst am 8. August 2017, nach Beginn der Kernarbeitszeit. B kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 31. August 2017, dem K am selben Tag zugegangen, zum 31. Dezember 2017. 17 Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Die verspätete AUB – BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19 Der 2. Senat akzepYert diese fristgemäße Kündigung, denn eine schuldhaee (hier: dreimalige) Verletzung (in einem halben Jahr) der sich aus § 5 Abs 1 S 1 EntgFG ergebenden (Neben-)Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit (AU) ist grundsätzlich geeignet, die Interessen des Vertragspartners zu beeinträchYgen und kann daher - je nach den Umständen des Einzelfalls - einen zur Kündigung berechYgenden Grund im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs 2 S 1 KSchG darstellen. Gemäß § 5 Abs 1 S 1 EntgFG ist der AN verpflichtet, dem AG die AU und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigepflicht ist nicht auf den Fall einer Ersterkrankung beschränkt. Sie umfasst die Verpflichtung, auch die Fortdauer einer AU über die zunächst angezeigte Dauer hinaus unverzüglich mitzuteilen. Grundsätzlich gehört das Fehlen von betrieblichen Ablaufstörungen ebenso wie ihr Vorhandensein zu einer vollständigen Interessenabwägung bei einer auf die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 5 Abs 1 S 1 EntgFG gestützten Kündigung. 18 9

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