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Ausgabe 3/2007:

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NEUE

NEUE iGZ-DGB-ENTGELTTARIFE: WAS NUN, HERR DR. DREYER? tarifpolitik iGZ HAT RICHTIGE SIGNALE GESETZT tarifpolitik Zum 1. November ist der neue Entgelttarifvertrag zwischen iGZ und den DGB-Gewerkschaften in Kraft getreten. iGZ-Rechtsanwalt Dr. Martin Dreyer beantwortet in Z direkt! die häufigsten Fragen zum neuen Tarifvertrag. Wenn man einen Blick in die neuen Tarifbroschüren wirft, entdeckt man im Entgelttarifvertrag viele Tabellen und Verweise auf Texte unter den Tabellen. Wird es für die Mitgliedsunternehmen schwieriger, den Tarifvertrag korrekt anzuwenden? Nein, ich möchte im Gegenteil behaupten, dass die Tarifanwendung einfacher wird. Die von Ihnen angesprochenen Verweise waren notwendig, da bestimmte Entgeltfolgen an die Wirksamkeit des Mindestlohns in der Zeitarbeit gekoppelt sind. Holger Piening, Leiter des Arbeitskreises Tarifpolitik und iGZ- Verhandlungsführer In einer Serie stellt Z direkt! die fünf iGZ-Arbeitskreise vor. Teil 3 präsentiert aus aktuellem Anlass den Arbeitskreis Tarifpolitik. Arbeitskreisleiter und iGZ-Verhandlungsführer Holger Piening im Interview mit Z direkt! zum neuen Entgelttarifvertrag und weiteren tarifpolitische Fragen. Welche Veränderungen können sich im Falle des Wirksamwerdens des Mindestlohns in der Zeitarbeit ergeben? Der erste Verweis, der in der Tabelle (West/Ost) für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 enthalten ist, bezieht sich auf die Entgeltgruppe (EG) M. Eine feste Erhöhung auf 7,31 Euro ist für diese Entgeltgruppe ab April 2008 vorgesehen. Der Verweis behandelt den Fall, dass der Mindestlohn bereits vorher, nämlich im ersten Quartal 2008 wirksam wird. Dann müsste für die Entgeltgruppe M schon zu diesem früheren Zeitpunkt 7,31 Euro vergütet werden. Aufgrund der Beschlüsse der Bundesregierung ist ein Wirksamwerden des Mindestlohns zu diesem Zeitpunkt aber sehr unwahrscheinlich. Der zweite Verweis betrifft die EG 1. Sie erhöht sich spätestens im November 2008 auf 7,51 Euro. Sollte der Mindestlohn vorher wirksam werden, tritt die Erhöhung bereits ab Gültigkeit des Mindestlohns in Kraft. Wie sind die Zeitarbeitnehmer zu vergüten, die bisher auf Grundlage des Bestandsschutzes die Haupt-/ oder Zusatzstufe bekommen haben? Bestandsschutzregelungen gelten immer so lange, wie sie günstiger sind für den Arbeitnehmer. Deshalb sind ab November 2007 die neuen Entgelte für alle diejenigen zu zahlen, die bisher noch die Hauptstufe erhielten. Die Hauptstufe existiert damit nicht mehr. Die unter Bestandsschutz gewährte Zusatzstufe ist bis Ende 2007 in allen EG weiter zu gewähren. Im Januar 2008 wird sie durch die neuen Tarife in fast allen Entgeltgruppen „überholt“. Die Zusatzstufe ist nur noch in den EG 2 und 3 weiter zu gewähren, da dort das bestandsgeschützte Entgelt noch höher ist als das neue Tarifentgelt. Übrigens zeigt sich, um auf Ihre Eingangsfrage zurückzukommen, auch durch das Verschwinden der Entgeltstufen, dass die Anwendung des iGZ-Tarifvertrages strukturell einfacher geworden ist. Unter welchen Voraussetzungen kommt die EG M zur Anwendung? Dreyer: Die EG M kommt für Tätigkeiten in Frage, für die es keiner Anlernzeit bedarf. Es handelt es sich dabei um einfachste Helferarbeiten, die selbsterklärend sind. Dabei kann es sich zum Beispiel um Sortierarbeiten handeln. Schwieriger wird es beim Bedienen einer Maschine, weil dafür eine kurze fachliche Einweisung in aller Regel notwendig ist. Das Bekanntmachen mit den örtlichen Begebenheiten beim Kunden bedeutet kein Anlernen und hindert nicht die Anwendung der EG M. Die einsatzbezogene Zulage (§ 5 Entgeltrahmentarifvertrag) ist unter denselben Voraussetzungen zu gewähren wie bei den anderen Entgeltgruppen. Sofern Arbeitnehmer bereits bisher in die EG M eingruppiert waren, sind die Beschäftigungszeiten ab August 2006 anzuerkennen. Demgemäß konnte der Anspruch auf einsatzbezogene Zulage ab Oktober 2007 entstehen. Rechtsanwalt Dr. Martin Dreyer ist Tarif- Experte in der iGZ-Bundesgeschäftsstelle. Herr Piening, sind Sie zufrieden mit dem neuen Tarifabschluss? Mit den Ergebnissen bin ich zufrieden. Allerdings war der Weg dahin nicht immer leicht. Bis zum Durchbruch hatten wir schließlich einen achtmonatigen Verhandlungsmarathon und fünf Tarifrunden hinter uns. Mit dem Tarifabschluss hat der iGZ wichtige und richtige Signale gesetzt und dies aus drei Gründen: Zum einen erhalten die Zeitarbeitnehmer eine kräftige Lohnerhöhung, die ihrer Bedeutung in den Kundenunternehmen angemessen ist. Gleichzeitig haben wir die neuen Tarife so gestaltet, dass Zeitarbeit für Kunden interessant bleibt. Nicht zuletzt haben wir auch die Gewerkschaftsforderungen berücksichtigt. In der dritten Stufe wird in der Entgeltstufe 1 der Stundenlohn 7, 51 Euro betragen und liegt damit sogar knapp über dem vom DGB geforderten gesetzlichen Mindestlohn. Die kräftige Lohnerhöhung wird sich ja sicher auch auf die Verrechnungspreise auswirken. Wie reagiert die Kundenseite darauf? Bei der Vereinbarung der neuen Entgelthöhen haben die Sozialpartner nicht nur die Löhne den sich ändernden Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmer angepasst, sondern selbstverständlich auch den Interessen der Kundenbetriebe Rechnung getragen. Die Kundenbetriebe wollen qualitativ hochwertiges Zeitarbeitspersonal zu tragbaren Preisen. In einem enger werdenden Markt, in dem Fachkräfte immer rarer werden, tragen die neuen Tarifstrukturen dazu bei, den Kunden weiterhin gut qualifizierte Mitarbeiter stellen zu können. Wir sind überzeugt davon, dass unsere Kunden bereit sind, marktgerechte Preise für motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte zu zahlen. Der BZA nimmt in einer Internet-Kampagne für sich in Anspruch, die höchsten Löhne in der Branche zu zahlen. Ist das tatsächlich der Fall? Auf den ersten Blick sieht es optisch so aus, als zahle der BZA die höchsten Löhne. Tatsächlich ist bei dieser Darstellung jedoch nicht berücksichtigt, dass der BZA-DGB-Manteltarifvertrag in § 8.6 eine Klausel enthält, die eine Umwandlung von Aufwendungsersatzleistungen, wie zum Beispiel Fahrgeld in Höhe von bis zu 25 Prozent zulässt. Insoweit ist die Darstellung irreführend. Auch beim AMP wird immer nur die „normale“ Entgelttabelle publiziert. Nicht informiert wird zumeist über die Möglichkeit, die Löhne in der ersten Beschäftigungszeit deutlich abzusenken. Der Tarifvertrag des iGZ hat insofern optisch sicherlich einen Nachteil. Wir haben bei unserem Tarifabschluss jedoch Wert darauf gelegt, dass das gezahlte Entgelt ehrlich, transparent und einfach nachvollziehbar dargestellt ist. Vier Jahre Tarifverträge in der Zeitarbeit - wie beurteilen Sie die Entwicklung der Tariflandschaft in der Zeitarbeit? Es ist gut, dass wir Tarifverträge in der Zeitarbeit haben. Durch die Einführung von Tarifverträgen ist es gelungen, einen verlässlichen Rahmen für die Beschäftigten zu schaffen. Das hat dazu beigetragen, die Zeitarbeit im Bewusstsein der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit als seriöse Arbeitsmarktchance zu verankern. Problematisch ist, dass die Tariflandschaft in der Branche so zersplittert ist. Neben den drei wesentlichen Tarifwerken gibt es zahlreiche Haustarifverträge, deren Löhne oftmals unter den Branchentarifverträgen liegen. Diese Vorgehensweise ist unüblich und schädlich für die gesamte Branche und macht die Situation unübersichtlich und schwierig. Von den Gewerkschaften – vor allem den christlichen – wäre zu erwarten, dass Haustarifverträge mindestens das Niveau der Branchen-Tarifwerke haben. Grundsätzlich wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Verbände tarifpolitisch mit einer Stimme sprächen. Arbeitskreis Tarifpolitik Rund viermal im Jahr treffen sich die etwa 20 Teilnehmer des Arbeitskreises Tarifpolitik, um über allgemeine tarifpolitische Fragen und Weiterentwicklungen des iGZ-DGB-Tarifvertrags zu sprechen. Stehen Tarifverhandlungen an, wählt der Bundesvorstand auf Vorschlag des Arbeitskreisleiters Holger Piening die Tarifkommission sowie die Verhandlungskommission. Wurde ein konkretes Tarifergebnis gefunden, hat die iGZ-Mitgliederversammlung stets das letzte Wort bei der Annahme. HINTERGRUND 16 17

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