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Ausgabe 3/2006:

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| 6 7 | Zeitarbeit und

| 6 7 | Zeitarbeit und Bauhauptgewerbe Ausbildung Interview von Frank Dupré, Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, mit Z direkt! Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe ist in Deutschland immer noch nicht generell erlaubt. Welche Gründe gibt es aus Ihrer Sicht hierfür? Frank Dupré: Seit nunmehr bald 25 Jahren gilt das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Bauhauptgewerbe. Damals hat der Gesetzgeber zu einer radikalen Lösung gegriffen, um illegale Beschäftigung auf Baustellen zu bekämpfen. Heute aber konzentriert sich die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung auf verschiedene Umgehungstatbestände, die es ohne dieses Verbot und bei einer Legalisierung der Arbeitnehmerüberlassung gar nicht mehr geben würde, wie den Abschluss von Scheinwerkverträgen oder die angeblich nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung durch gemeinnützige Einrichtungen. Diese Umgehungsstrategien wurden durch das Verbot provoziert – Betriebe und staatliche Kontrollbehörden bewegen sich daher in einer Grauzone zwischen Legalität und Illegalität. Aus dieser Grauzone sollte die Baubranche schnell herausgeführt werden. Ist ein Verbot der Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe überhaupt geeignet, die Motive des Gesetzgebers, wie etwa die Eindämmung illegaler Beschäftigung auf dem Bau, zu erreichen? Dupré: Als Argument gegen die Abschaffung des Verbots der Arbeitnehmerüberlassung wird immer wieder vorgebracht, dass mit dem Einsatz von Leiharbeitnehmern die auf tarifvertraglicher Basis stehenden Sozialkassen der Bauwirtschaft ebenso wie die Mindestlohnregelung ins Wanken geraten würden. Dem muss und dem kann deutlich widersprochen werden: Denn schon heute regelt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz in § 1 Abs. 2 a, dass ein verleihender Betrieb seinen Arbeitnehmern bei einem Verleih in das Baugewerbe den Bau-Mindestlohn zahlen und am Urlaubskassenverfahren der Bauwirtschaft teilnehmen muss. Ein Verleihbetrieb wird daher schon jetzt wie ein ausländischer Baubetrieb behandelt, der auf dem deutschen Baumarkt tätig wird, und der ebenfalls den Mindestlohn zahlen und am Urlaubskassenverfahren teilnehmen muss. Welche Maßnahmen schlagen Sie also vor, um die Situation auf dem Bau im Sinne Aller zu verbessern? Dupré: Ziel muss es sein, einen „trilateralen“ Tarifvertrag zwischen den Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft und den Verleiharbeitgebern abzuschließen. Der sollte dann auch Regelungen zu den Sozialkassenverfahren enthalten. Unser Ziel ist es dabei, die Flexibilität unserer Mitgliedsbetriebe zu erhöhen und nicht, ein neues Lohndumping einzuführen. Ein Blick über die Grenzen zeigt darüber hinaus, dass unsere europäischen Unternehmerkollegen zur Abdeckung von Auftragsspitzen die Zeitarbeit intelligent nutzen, ohne dass dort die Verhältnisse aus dem Lot geraten. Deutsche Zeitarbeitnehmer dürfen in vielen europäischen Nachbarstaaten auf dem Bau arbeiten, ausländische Zeitarbeitnehmer auch in Deutschland auf diesem Sektor. Wird so nicht der Unübersichtlichkeit und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet? Dupré: Es geht ja noch weiter: Das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung wird auch dadurch unterlaufen, dass sich Verleihunternehmen mit Sitz im Ausland als Baubetrieb tarnen, aber selbst gar keine Bauleistungen erbringen, sondern unter dem Schein der sog. „Kollegenhilfe“ an deutsche Baubetriebe Arbeitnehmer überlassen. Auch in dieser Grauzone der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung wird zu Lasten der deutschen Bauwirtschaft das Verbot unterlaufen. Von Gleichbehandlung kann deshalb faktisch wirklich keine Rede sein. Gebietet nicht schon der Gleichbehandlungsgrundsatz eine Abschaffung der bisherigen Bestimmungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz? Dupré: Mit dem Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist eine eklatante Ungleichbehandlung zwischen dem Baugewerbe einerseits und den übrigen Wirtschaftszweigen andererseits, aber auch eine nicht verständliche Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Zweigen des Baugewerbes geschaffen worden – für einige Baubereiche gilt nämlich dieses Verbot, für andere aber nicht. So gilt das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung für alle Betriebe des Baugewerbes, des Gartenund Landschaftsbaues, im Gerüstbau und für die Dachdecker. Es gilt jedoch nicht für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks, für das Schreinerhandwerk, für das Installationsgewerbe oder für Betriebe des Bauten- und Eisenschutzes. Das ist jedoch ungerecht. Wieso ist denn das Baugewerbe besonders betroffen? Dupré: Kein Wirtschafts- oder Handwerkszweig ist dringender auf das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung angewiesen als das Baugewerbe. Wir produzieren nicht auf Vorrat, wir sind extremen Auftragsschwankungen und kurzen Auftragsreichweiten ausgesetzt. Auf in der Regel kurzfristigen und vorübergehenden Personalmehrbedarf bei Auftragsspitzen und den vom Auftraggeber erwarteten kurzen Bauzeiten, etwa auf Terminbaustellen, können wir nicht mit der notwendigen Flexibilität reagieren. Dadurch geht mancher Auftrag verloren, weil wir nicht auf Mitarbeiter aus der Zeitarbeitsbranche zurückgreifen können. SYSTEMLOGIK DURCHBRECHEN Verbundausbildung als Antwort der Zeitarbeit auf den Fachkräftemangel Wenn Zeitarbeitsunternehmen ausbilden, dann zumeist interne Mitarbeiter in den Geschäftsstellen. Das eigentliche Mitarbeiterpotenzial liegt allerdings bei den externen Mitarbeitern. Oft beklagt: Die Systematik der Zeitarbeit erschwert die fachliche Ausbildung externer Zeitarbeitnehmer. Mittlerweile gibt es jedoch einen Ansatz, der sich immer mehr durchsetzt und zumindest die Systemlogik durchbricht: Die Verbundausbildung. „Im Verbund auszubilden bedeutet, gemeinsam mit einem oder mehreren Kundenbetrieben einem Jugendlichen ohne Ausbildung eine fachliche, duale Ausbildung zukommen zu lassen“, erklärt Michael Hacker, Mitglied im iGZ-Bundesvorstand und Leiter des Arbeitskreises „Kompetenzentwicklung in der Zeitarbeit“. Verschiedene Modelle sind in diesem Zusammenhang denkbar. Wichtig für den iGZ ist in diesem Zusammenhang, diese Idee zu befördern: „In dem Maße, wie Zeitarbeit an Bedeutung gewinnt, steigt auch die unternehmerische Verantwortung der Branche, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen“ , erklärt Hacker. Unter seiner Federführung ist daher nun in Bayern das Pilotprojekt „Zeit für Ausbildung“ zur Verbundausbildung in der Zeitarbeit gemeinsam mit dem Berufsfortbildungswerk bfw und dem Bundesinstitut für Berufsbildung mit Förderung durch das Programm StarRegio des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ins Leben gerufen worden. Motivation für dieses Engagement war der zunehmend zum wirtschaftlichen Problem werdende Facharbeitermangel. Die Zeitarbeitsunternehmer sahen sich jedoch in der Zwickmühle, hier alleine nicht helfen zu können: „In den Büroräumen eines Personaldienstleisters können Sie nun mal keine Schweißer ausbilden“, macht Hacker das Dilemma deutlich. Selbst weit über die bayerischen Grenzen hinweg hat dieses Projekt bereits Aufmerksamkeit erregt. So hat die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer in einem Schreiben an ihre Mitglieder auf dieses „Zukunftsmodell“ hingewiesen, dass die IHK in ihrem Schreiben ausdrücklich unterstützt. Ein Ergebnis, über das sich Michael Hacker freut, wenngleich er bei den heimischen IHK noch einige Zuständigkeitsprobleme auf dem Weg zu seinem ersten Verbundauszubildenden zu überwinden hat. Interessierte Unternehmen können sich an die zuständigen Betreuer des bfw wenden: - Johannes Gebhardt (Förderregion Franken und Oberpfalz); Tel.: (09 11) 92 96 99 26 - Michael Tepper (Förderregion Bayerisch Schwaben); Tel.: (07 51) 55 17 01 Z direkt! Z direkt!

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