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Ausgabe 2/2005:

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| 4 5 | Europäische

| 4 5 | Europäische Nachbarn Transatlantische Zeitarbeit ZEITARBEIT GLEICH ZEITARBEIT? In Europa gibt es verschiedene Ansätze UNBEGRENZTE MÖGLICHKEITEN? Deutschland und die USA – ein Zeitarbeitsvergleich Grenzüberschreitende Zeitarbeit ist längst Normalität. So normal, dass die Europäische Union im Rahmen einer Dienstleistungsrichtlinie auch diesen Bereich neu regeln möchte – mit katastrophalen Auswirkungen für die Branche. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und sich entsprechend für Nachbesserungen eingesetzt. Doch damit ist nur an den Symptomen kuriert worden, denn das eigentliche Problem bleibt ungelöst. „Zeitarbeit in Europa ist nicht vergleichbar“, macht der iGZ-Bundesvorsitzende Volker Homburg deutlich. Für ihn habe insbesondere der iGZ-Bundeskongress in Köln gezeigt, dass europäische Personaldienstleister Unterschiedliches meinen, wenn sie Gleiches sagen. Viel zu unterschiedlich sind die verschiedenen Systeme. Daher forderte der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen: „Die europäische Zeitarbeitsrichtlinie liegt seit Monaten auf Eis – wir brauchen aber zunächst eine Harmonisierung in diesem Bereich, bevor wir uns an die Realisierung der Dienstleistungsfreiheit machen können“, so Homburg. Am schwersten wiegt nach Ansicht des iGZ das in der ersten Version der Richtlinie vorgesehene Herkunftslandprinzip. Demnach müsste der in Deutschland tätig werdende Dienstleister die rechtlichen Vorgaben seines Heimatlandes erfüllen. Eine britische Limited- Gesellschaft mit einem Startkapital von nur einem Pfund könnte demnach ohne Arbeitnehmerüberlassungsgenehmigung in Deutschland Zeitarbeit anbieten. Wie unterschiedlich die Ansätze der Zeitarbeit in Europa heute noch sind, zeigt folgende schlaglichtartige Darstellung: In den Niederlanden existiert seit dem Jahr 2002 das Gesetz “Flexibilität und Sicherheit”. Eckpfeiler dieses Gesetzes ist ein Stufenmodell, das den Übergang des in der Zeitarbeit Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis regelt. Mit diesem System erhält ein Arbeitnehmer in der Regel nach spätestens vier Jahren einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Der Kündigungsschutz wird nach Dauer des Arbeitsverhältnisses ausgeweitet. In der ersten und zweiten Stufe ist der Arbeitsvertrag noch durch beide Partner jederzeit kündbar und endet mit dem Auftragsende. In Stufe drei werden befristete Verträge geschlossen und in Stufe vier schließlich unbefristete Verträge unterschrieben. Der Arbeitnehmer nimmt die in den Stufen erworbenen Rechte bei Wechsel des Verleihers mit. Österreich gilt als Land mit vergleichsweise liberalen Gesetzen für den Entleih von EU Bürgern. So ist dort lediglich die Anzeige des Verleihs seitens einer Zeitarbeitsfirma aus dem europäischen Wirtschaftsraum notwendig. Daher sieht sich Österreich nach der EU- Erweiterung mit neuen quantitativen Problemen konfrontiert. Zum Glück der österreichischen Verleihfirmen ist ein angemessenes und ortsübliches Entgelt für die entliehenen Arbeitskräfte vorgeschrieben. Der Arbeitsschutz fällt dem Entleiher zu und damit gibt es keine Doppelzuständigkeiten wie in Deutschland. Kein gutes Klima für Zeitarbeitsfirmen südlich der Alpen: In Italien orientiert sich das AÜG (dort schlicht Gesetz no. 196) hauptsächlich am Schutz der fest angestellten Beschäftigten. So dürfen Firmen keine Leiharbeiter beschäftigen, wenn sie in den letzten zwölf Monaten Beschäftigte gleicher Qualifikation entlassen haben. In den niedrigsten Stufen der Berufsqualifikation dürfen keine Leiharbeiter beschäftigt werden. Zur Gründung einer Zeitarbeitsfirma sind hohe Hürden zu überwinden. Verleihbetriebe müssen als Kapitalgesellschaften mit einem Stammkapital von über 600.000 Ð gegründet werden. Des weiteren ist eine Kaution in Höhe von mehr als 360.000 Ð pro Jahr zu hinterlegen, über die in den ersten zwei Jahren Forderungen von Arbeitnehmern und deren Sozialbeiträge abgesichert sind. Die Zeitarbeitsbranche hat in den letzten Jahren durch erhebliche Wachstumsraten auf sich aufmerksam gemacht. Im internationalen Vergleich ist Zeitarbeit in Deutschland aber noch relativ wenig verbreitet, obwohl ihr im Rahmen der Hartz-Reformen des Arbeitsmarktes eine Schlüsselrolle als Integrationsinstrument für Arbeitslose zugedacht wurde. In seiner Dissertation untersuchte Lars W. Mitlacher die Einflussfaktoren von Zeitarbeit in den USA und Deutschland und kommt dabei zu bemerkenswerten Feststellungen. In den USA spielen restriktive arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen wie Kündigungsschutz bei der Entscheidung der Unternehmen, Zeitarbeit einzusetzen, so gut wie keine Rolle. Im Gegenteil: Bei fast allen Unternehmen ist die Nutzung von Zeitarbeit fester Bestandteil der Personalstrategie, so etwa bei der Transformation von fixen in variable Kosten, Vermeidung von Überstunden, Externalisierung von Risiken sowie der Verbesserung der quantitativen und qualitativen Flexibilität. Besonders in Dienstleistungsunternehmen wird die Qualität des eingesetzten Zeitarbeitspersonals höher bewertet als das Preisniveau. Die Akzeptanz und das Image der Zeitarbeit bei Kunden, Lieferanten und Stammbelegschaft werden von den Unternehmen durchgängig positiv beurteilt. Hingegen charakterisiert Mitlacher für Deutschland, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie ein vergleichsweise restriktives Kündigungsschutzrecht, sehr wohl Einfluss nehmen auf die Entscheidung von Unternehmen, ob sie Zeitarbeit einsetzen oder nicht. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Vergleich KRITERIUM Faktor, ist die Einstellung des Betriebsrates. Allerdings spielt in Deutschland bei den meisten Kundenunternehmen Zeitarbeit als strategisches Instrument der Personalplanung nur eine untergeordnete Rolle. Alle befragten Unternehmen stellten fest, dass sich die Akzeptanz und das Image der Zeitarbeit in den vergangenen Jahren positiv entwickelt haben. Daraus leitet der Autor eine Reihe von Zukunftsperspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten ab. Demnach wird Arbeitnehmerüberlassung in der Bundesrepublik dann eine noch stärkere Bedeutung bekommen, wenn mehr Kundenunternehmen ein systematisches Beschäftigungsmanagement betreiben würden, in dem Flexibilität zur Schlüsselvariablen wird. Darüber hinaus muss es den Zeitarbeitsunternehmen durch Spezialisierung gelingen, langfristige Kooperationen sowie gezielte Personalentwicklungs- und Weiterbildungsmaßnahmen die Personalangebote zu verbessern. Zeitarbeit muss überdies seine Möglichkeiten zur Überwindung der Insider – Outsider-Hürden im Arbeitsmarkt effektiver zum Einsatz bringen. Soweit diese kurz skizzierten Voraussetzungen erfüllt sind, wird Zeitarbeit nach Meinung des Autors auch in Deutschland seine arbeitsmarktpolitisch gewünschten Wirkungen entfalten, die im internationalen Vergleich bereits zu verzeichnen sind. AUSPRÄGUNG Geschlechterverteilung deutlich mehr Männer als Frauen Männer und Frauen fast gleicher Anteil Altersstruktur 20- bis 29-Jährige 35- bis 44-Jährige bilden die größte Gruppe bilden die größte Gruppe Qualifikation überwiegend überwiegend niedriges bis mittleres Ausbildungsniveau mittleres bis hohes Ausbildungsniveau Berufsstruktur überwiegend gewerbliche Berufe überwiegend Berufe im Dienstleistungsbereich Branchenstruktur mittelständisch, fragmentiert eher fragmentiert Haupttätigkeitsfeld gewerblicher Bereich Dienstleistungsbereich Z direkt! Z direkt!

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