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Ausgabe 1/2010:

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DAS BINDEGLIED IM

DAS BINDEGLIED IM UNTERNEHMEN betriebsrat UND IM KONSTRUKTIVEN MITEINANDER Ein Betriebsrat in einem Zeitarbeitsunternehmen ist wahrlich eine nicht ganz alltägliche Kombination – lediglich rund ein Dutzend der iGZ-Mitgliedsfirmen haben auch diese Form der Mitarbeitervertretung im Haus. „Die Zeitarbeit hat einen gewissen Sonderstatus, und deshalb sollte man als Betriebsrat nicht unbedingt lautstark alle Rechte einfordern“, erläutert Dirk Busch, seit 2001 Betriebsratsvorsitzender der ADD GmbH Personaldienstleistung in Gütersloh. Der ADD-Betriebsrat habe in der Gründungsphase zunächst seine Zielsetzung definiert: „Angesichts wechselnder Arbeitseinsatzorte ist eine umfassende Information, wer gerade wo eingesetzt ist, kaum möglich“, betont Busch. Deshalb habe der Betriebsrat zunächst andere Prioritäten – Transparenz, so der Vorsitzende sei ein wesentlicher Bestandteil der Betriebsratsarbeit. Bei ADD werden dazu unter anderem regelmäßig Infoblätter an die Mitarbeiterschaft verteilt. Weitere Schwerpunkte seien die Arbeitssicherheit und das Mitprägen der Unternehmensphilosophie. „Wir sind das Bindeglied im Unternehmen“, ist sich der neunköpfige Betriebsrat, der sich komplett aus Zeitarbeitnehmern zusammensetzt, einig. „Für uns sind unsere externen Mitarbeiter eben auch genauso Kunden wie die Entleihunternehmen, und deshalb bedeutet für uns Kundenpflege gleichzeitig Pflege der Mitarbeiter“, erläutert Busch, der für die Betriebsratswahlen im Mai erneut kandidiert, dazu. Wöchentlich ist er in allen ADD-Kundenbetrieben in jeder Schicht unterwegs, hält Kontakt zu seinen Kollegen und führt Gespräche sowohl mit den jeweiligen Schicht-, als auch mit den Abteilungsleitern. Dabei sei stets viel Sensibilität gefragt, um die verschiedenen Interessen miteinander zu vereinen. „Dabei“, so Busch, „ist auch das konstruktive Miteinander mit unserer Geschäftsleitung ganz besonders wichtig“. Und das funktioniere sehr gut – zwar gebe es Reibungspunkte, aber am Ende wurde bisher immer eine Einigung erzielt. Dabei habe auch der Betriebsrat stets das Wohl des Unternehmens im Auge – es nutze nichts, den eigenen Betrieb zu schädigen. Das Ergebnis veranschaulicht die gemeinsam verfolgte Firmenphilosophie: „Wir sind weder Leih- noch Zeitarbeiter, sondern Personaldienstleister“, unterstreicht der Betriebsratsvorsitzende das Selbstverständnis der Mitarbeiterschaft. Einmal im Monat tagt der Betriebsrat: Personaltechnisch seien Einzelfälle dabei nicht zu bewältigen. „Wir sprechen nur in Einzelfällen mit, wenn es beispielsweise um die Übernahme befristeter Kollegen geht“, erklärt der freigestellte Betriebsratsvorsitzende. Trotzdem wird jeder einzelne Kollege berücksichtigt: „Zum Geburtstag gibt’s für jeden eine Glückwunschkarte plus Geschenk, und wir veranstalten jedes Jahr eine große Weihnachtsfeier“, verweist Busch auf die Tätigkeiten des Betriebsrates. Eine große Rolle im Unternehmen spiele zudem die Aus- und Weiterbildung. Die Mitarbeiterschaft könne beispielsweise den Staplerführerschein erwerben – Busch, gleichzeitig Sicherheitsbeauftragter bei ADD, hat auch eine BG-Ausbildung zum Ausbilder absolviert. Neben der Stapleraus- und -fortbildung stehe zudem die jährliche Unterweisung für die Staplerfahrer auf dem Qualifizierungsprogramm. Eminent wichtig sei außerdem das Thema Arbeitssicherheit, das in Gruppen gelehrt werde. Mögliche Weiterqualifizierungen stehen auch auf dem Programm, wenn Dirk Busch als ADD- Betriebsrat an Begehungen bei Neukunden teilnimmt. „Bei betriebsinternen Weiterqualifizierungen im Kundenbetrieb erfolgt die Absprache mit dem Kunden und dem Betriebsrat des Kundenunternehmens, der solchen Maßnahmen zustimmen muss“, erklärt Busch einen weiteren Aspekt der Betriebsratsarbeit in einem Zeitarbeitsunternehmen. Deshalb sei der Kontakt zum Betriebsrat des Kundenunternehmens ein zusätzlicher wichtiger Faktor auf dem Aufgabenzettel eines Betriebsrates in der Zeitarbeit. Das erfolgreiche Konzept und die professionelle Zusammenarbeit von Geschäftsleitung und Betriebsrat trägt Früchte im Unternehmen: „Von unseren Mitarbeitern haben 70 Prozent einen unbefristeten Vertrag, und rund 60 Prozent sind länger als neun Jahre dabei“, freut sich Busch – die ADD GmbH existiert seit zehn Jahren. Wolfram Linke Bevor sich in Deutschland Betriebsräte konstituierten, führten sozialliberale Unternehmen freiwillig zunächst „Arbeiterausschüsse“ ein. Der erste gesetzliche Arbeiterausschuss konstituierte sich dann 1900 in einem bergbaubetrieb in Bayern – 1905 folgte ein Zweiter in Preußen. 1916 wurde das „Vaterländische Hilfsdienstgesetz“ verabschiedet. Darin wurden ständige Arbeiterausschüsse in allen für die Kriegswirtschaft wichtigen Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten etabliert. Als Folge der in der Revolution 1919 / ’20 entstandenen Rätebewegung wurde im Artikel 165 der Weimarer Verfassung ein dreistufiges Rätesystem definiert. Darin wurden erstmals Betriebsarbeiterräte, nach Wirtschaftsgebieten gegliederte Bezirksarbeiterräte und ein Reichsarbeiterrat etabliert. In der Praxis obsiegte allerdings das Betriebsrätegesetz von 1920, das für alle Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten einen Betriebsrat vorschrieb. Damit war 1934 erst einmal Schluss: Durch das Arbeitsordnungsgesetz wurden alle Betriebsrats-Aktivitäten verboten. Die Betriebsräte wurden durch „Vertrauensräte“ ersetzt. Nach dem 2. Weltkrieg erlaubten die Alliierten 1946 auf Basis des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 wieder Betriebsräte in Deutschland. 1952 wurde schließlich das erste Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erlassen. Es orientierte sich an dem Betriebsrätegesetz von 1920. Eine fundamentale Novellierung folgte 1972, bevor das Betriebsverfassungsgesetz 2001 reformiert wurde. 12 13

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