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Ausgabe 1/2008:

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MiNDeStLoHN iN Der

MiNDeStLoHN iN Der ZeitArBeit: WAruM Die ArGuMeNte Der GeGNer NiCHt üBerZeuGeN Der iGZ-Bundesvorsitzende Volker Homburg, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, iGZ-Bundesgeschäftsführer Werner Stolz und der stellvertretende iGZ-Bundesvorsitzende Georg Sommer (v. l.) behauptet wird: Der vorliegende Mindestlohn-Antrag für die Zeitarbeitsbranche sei nur eine Initiative der „Branchen-Riesen“, um die mittelständische Arbeitnehmerüberlassung kaputt zu machen. Richtig ist: Die Notwendigkeit zur Einführung eines Mindestlohns wurde zuerst von kleinen und mittelständischen Unternehmen gesehen. Der iGZ als mitgliederstärkster Arbeitgeberverband dieser Betriebe hat das Ziel in eine politische Forderung umgewandelt. Denn die großen Zeitarbeitsunternehmen sind aufgrund ihrer Marktmacht noch eher in der Lage, sich den Schwierigkeiten eines scharfen nationalen und internationalen Lohnunterbietungswettbewerbes zu erwehren. behauptet wird: Die Zeitarbeitsbranche sei zu fast 100 Prozent tarifgebunden, so dass man hier keinen Mindestlohn verordnen müsse. mindestlohndiskussion Bei ihrer Klausurtagung in Meseberg im Juni letzten Jahres hatten sich die Koalitionspartner darauf verständigt, das Arbeitnehmer-entsendegesetz auf alle Branchen auszuweiten, soweit dies die tarifparteien wünschen, mindestens zur Hälfte tarifgebunden sind und bis zum 31. März 2008 einen gemeinsamen Antrag stellen. Bei einem Treffen mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) Mitte Februar hat der iGZ gemeinsam mit dem BZA einen Antrag auf Aufnahme der Zeitarbeit in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz gestellt. Damit hat die Diskussion um einen branchenspezifischen Mindestlohn in den letzten Wochen neuen Auftrieb bekommen. Während Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sich bei dem gemeinsamen Pressetermin im Anschluss zuversichtlich zeigte, dass die Zeitarbeit bis zum Sommer 2008 mit einer Aufnahme ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz rechnen könne, überschlagen sich die Gegner eines Mindestlohns in der Zeitarbeit mit ihren Argumenten. Z direkt! hat ihre Behauptungen gesammelt und auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft. Richtig ist: Nach den gesetzlichen Vorgaben bietet die hohe Verbreitung von Tarifverträgen keinen Schutz vor ausländischen Dumpinganbietern, die an die deutschen Tariflöhne nicht gebunden sind. Dies kann nur ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn leisten, der für alle gilt und nicht unterboten werden darf. behauptet wird: Die Tariflöhne in der Arbeitnehmerüberlassung liegen nur wenige Cent auseinander, so dass ein soziales Schutzbedürfnis nicht erkennbar sei. Richtig ist: Die Lohnspanne ist wesentlich größer. Sie reicht für einfache Helfertätigkeiten im Westen von 7, 51 Euro (iGZ-DGB-Entgelt-Tarifvertrag) bis 4,81 Euro (CGZP-Haustarifverträge). Hinzu kommt, dass teilweise Zeitarbeitskräfte aus den neuen Bundesländern im Westen für einen Stundenlohn von 3,60 Euro eingesetzt werden. behauptet wird: Die Zeitarbeitsunternehmen müssten sich am Markt im Wettbewerb durchsetzen und nicht mit Hilfe von staatlichen Lohnregelungen. Richtig ist: Niemand spricht sich gegen einen Wettbewerb aus. Aber gerade eine verbindliche Lohnuntergrenze ermöglicht in unserer Branche erst einen fairen Wettbewerb, bei dem nicht derjenige gewinnt, der die Löhne besser drückt, sondern derjenige, der ein besseres Dienstleistungspaket anbietet. Einkaufsabteilungen und das öffentliche Vergaberecht sorgen sonst dafür, dass nur die billigsten Anbieter die Zuschläge erhalten. behauptet wird: Ein staatlicher Zwangslohn würde alle anderen Tarifbindungen zerstören, die nicht für allgemein verbindlich erklärt werden. Richtig ist: Es wurden nur verbindliche Einstiegslöhne (West: 7,31 Euro /Ost: 6,36 Euro) beantragt. Im Übrigen bleiben fast alle anderen unterschiedlichen Tarifvereinbarungen in der Branche anwendbar. behauptet wird: Da es in der Zeitarbeitsbranche konkurrierende Tarifverträge gäbe, dürfe der Gesetzgeber nicht Schiedsrichter spielen. Richtig ist: Sinn des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ist es, den Unterbietungswettbewerb der in Deutschland ansässigen Tarifvertragsparteien einzugrenzen, grenzüberschreitende Ausnutzung des Lohngefälles innerhalb der EU in sozialverträglichem Rahmen zu halten und das Existenzminimum von Zeitarbeitnehmern zu sichern. Dieser sozialstaatlich legitimierten „Schiedsrichterrolle“ darf sich der Gesetzgeber nicht verweigern. behauptet wird: Aufgrund der bestehenden Beschränkung der EU- Arbeitnehmer-Freizügigkeit bestünde derzeit keinerlei Gefahr von ausländischem Lohndumping. Richtig ist: Die volle EU-Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit ist bereits 2009, spätestens aber 2011 Realität. Es gibt in den EU-Ostländern bereits heute zahlreiche Anzeichen, dass Überlassungen nach Deutschland aktiv vorbereitet werden. Deutschland sollte auch vorbereitet sein. behauptet wird: Die von den Sozialpartnern iGZ, BZA und den DGB-Gewerkschaften beantragte Aufnahme der Zeitarbeit ins Entsendegesetz sei verfassungswidrig, da unzulässig in die Koalitionsfreiheit anderer Tarifparteien eingegriffen werde. Richtig ist: Der Eingriff in die Tarifautonomie ist bei sachgerechter Auflösung der Tarifkonkurrenzen (wie von der Bundesregierung vorgesehen) ohne Verfassungskonflikte zu lösen. behauptet wird: Das Verwaltungsgericht Berlin habe bereits entschieden, dass eine Mindestlohnverordnung nicht auf anderweitig Tarifgebundene erstreckt werden dürfe. Richtig ist: Die Entscheidung des VG Berlin bezieht sich auf das alte Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Die Bundesregierung plant eine Anpassung dieser Regelungen, um etwaigen rechtlichen Bedenken Rechnung tragen zu können. Im Übrigen ist das Urteil nicht rechtskräftig und steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Berufung wurde vom Bundesarbeitsministerium bereits eingelegt. behauptet wird: Wenn der Zeitarbeitslohn zum Lebensunterhalt nicht ausreiche, stocke ja der Staat mit Unterstützungsleistungen auf. Richtig ist: Das „Aufstocken“ von zu niedrigen Löhnen in der Zeitarbeit gefährdet das Ansehen der Branche, verhindert fairen Wettbewerb und ermöglicht, dass Tarifpartner im Vertrauen auf den Staat als „sozialer Ausfallbürge“ Niedrigstlöhne vereinbaren, die nicht auskömmlich sind. behauptet wird: Der Mindestlohn in der Zeitarbeit würde Arbeitsplätze innerhalb und außerhalb der Zeitarbeit vernichten, da das Lohnniveau ansteigt. Richtig ist: Die Tarifvertragsparteien iGZ, BZA und DGB haben marktkonforme Mindestentgelte und keine „Verdrängungslöhne“ vereinbart. Betrachtet man die Entgeltentwicklung beim iGZ seit 1993, so ist das Entgelt seitdem von 6,85 Euro auf 7,31 Euro gestiegen. Die Vereinbarung eines Mindestlohntarifvertrages hat zu keinem zusätzlichen Lohnanstieg geführt. Selbst der AMP sieht nach eigenem Bekunden bei den vorgeschlagenen Einstiegslöhnen keine unlösbaren Probleme. AMP-Präsident Peter Mumme am 9. Februar in der Lausitzer Rundschau: „Unsere Kritik richtet sich nicht gegen die Höhe der Bezahlung...“ und am 12. Februar im Deutschlandfunk: „Im Fall dieser Mindestlöhne, die jetzt vom DGB für allgemein verbindlich erklärt werden sollen, der bei 7,31 Euro liegt, sehen wir, dass eine Differenz gar nicht so groß ist. Wir haben hier eine Differenz von 31 Cent. Das ist also nicht das große Problem für unsere Mitgliedsbetriebe, diese Differenz zu vergüten (...).“ behauptet wird: Der „Türöffner-Effekt“ der Zeitarbeit für Niedrigqualifizierte werde durch einen hohen Mindestlohn konterkariert. Richtig ist: Die Zeitarbeit wird ihre Funktion als „Türöffner“ für diejenigen, die weniger gut ausgebildet sind oder aus anderen Gründen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben, bei den vereinbarten moderaten Mindestlöhnen beibehalten können. Dieses Lohnniveau hat sich bereits auf dem Markt etabliert. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) spricht sich allen Widersachern in der eigenen Partei zum Trotz klar für einen Mindestlohn in der Zeitarbeit aus. „Um die Arbeitnehmerüberlassung vor dem drohenden Lohndruck aus Osteuropa wirksam zu schützen, bin ich entschieden dafür, sie ins Entsendegesetz aufzunehmen. Da es auch nur um eine verbindliche Lohnuntergrenze für alle Anbieter gehe, spielt die Frage der Tarifkonkurrenz keine erhebliche Rolle.“ (auf dem iGZ-Landeskongress NrW, am 13. Februar in Dortmund) anzeige Schulung + Beratung für die Zeitarbeit rainer moitz Personalberater mit 10-jähriger erfahrung Mobil: 01 72 6 69 24 24 internet: www.Moitz.eu 10 11

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