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Zdirekt! 01-2014

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Z direkt! Titelthema Höchstüberlassungsdauer Empfindliche Einbußen Spätestens nach 18 Monaten möchte die Große Koalition zukünftig jeden Zeitarbeitseinsatz beendet wissen. So steht es im Koalitionsvertrag. Hintergrund: SPD (zwölf Monate) und CDU/CSU (24 Monate) haben sich bei den Koalitionsverhandlungen auf einen Mittelwert geeinigt. Für die Zeitarbeitnehmerschaft bedeutet ein staatlich verordnetes Einsatzende nach eineinhalb Jahren oftmals empfindliche Einbußen beim Gehalt. Die nach neun Monaten erreichte Gleichstellung beim Lohn – sei es über das ebenfalls vorgesehene Gesetz oder die tariflichen Branchenzuschläge – wird damit auf maximal neun Monate beschränkt. Offen bleibt, warum eine längere Überlassung ausgeschlossen sein soll – vor allem, wenn die Zeitarbeitnehmer dasselbe Geld erhalten, wie vergleichbare Mitarbeiter im Einsatzbetrieb. Jeder dritte Zeitarbeitnehmer betroffen Dabei stellt sich die Frage, wie viele Arbeitnehmer von einer solchen Regelung überhaupt betroffen wären. Eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen des iGZ hat ergeben, dass knapp ein Drittel aller Einsätze länger dauert als 18 Monate. Das gilt besonders für qualifizierte Facharbeiter. Mehr als jeder zweite Einsatz, der länger als 18 Monate dauert, geht demnach übrigens auf den ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters zurück (52 Prozent). Insgesamt seien auch für die Einsatz-Unternehmen spürbare Auswirkungen zu erwarten (siehe Kasten). Tarifliche Abweichung möglich Stefan Sudmann, Leiter des iGZ-Rechtsreferats, weist darauf hin, dass schon im Koalitionsvertrag eine erste Ausnahmeregelung aufgenommen worden ist: „Durch Tarifvertrag der Einsatzbranche kann von dieser 18 Monats-Regel abgewichen werden.“ Ein Beispiel für eine solche Regelung könnte neben verschiedenen Betriebsvereinbarungen auch der TV LeiZ der Metall- und Elektroindustrie darstellen. Dort sei geregelt worden, dass nach einem 18-monatigen Einsatz eines Zeitarbeitnehmers in der M+E-Industrie eine Übernahme geprüft und nach 24 Monaten ein Angebot für eine unbefristete Übernahme unterbreitet werden müsse. Dies gelte jedoch nicht bei einem sachbegründeten, längeren Einsatz wie zum Beispiel im Falle von Projektarbeit oder Krankheitsvertretung. Das reiche jedoch nicht aus, findet der iGZ-Jurist. Er votiere für ein tarifpolitisches Mitspracherecht auch für die Zeitarbeit. Darüber hinaus werde der iGZ auch genau hinsehen, wenn es um mögliche Sanktionen gehe, die bei einem Verstoß gegen die Regelung drohen können: „Hier dürfte es wichtig sein zu verhindern, dass der Gesetzgeber Kundenbetriebe in die Problematik mit hineinzieht“, so Sudmann. » Wir präzisieren im AÜG die Maßgabe, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher vorübergehend erfolgt, indem wir eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gesetzlich festlegen. Durch einen Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags « in einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung können unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Stammbelegschaften abweichende Lösungen vereinbart werden. Aus: Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 14

Titelthema Z direkt! Definition von „vorübergehend“ Dass die Große Koalition dieses Thema überhaupt anpackt, geht wohl im Wesentlichen auf die fehlende Definition des Begriffes „vorübergehend“ zurück: „Dabei ist es wichtig, dass der Gesetzgeber den Tatbestand der vorübergehenden Überlassung abschließend so regelt, dass die Arbeitsgerichte keine parallele Rechtsprechung entwickeln können und die Zeitarbeitsunternehmen an dieser Stelle Rechtssicherheit erhalten“, so Sudmann. Er verweist darauf, dass einige Landesarbeitsgerichte auch schon die Auffassung vertreten haben, der Begriff „vorübergehend“ beziehe sich nicht auf den Arbeitnehmer, dessen maximale Überlassungsdauer es zu definieren gelte, sondern auf den Arbeitsplatz, den es zu besetzten gelte. Letzteres würde, so der Jurist, für die Branche überhaupt nicht abschätzbare negative Auswirkungen haben können. Marcel Speker Wieso Zeitarbeit auch länger als 18 Monate möglich sein muss: Nicht jeder Zeitarbeitseinsatz, der länger als 18 Monate dauert, bedeutet gleichzeitig auch einen Missbrauch dieses Instruments – im Gegenteil. Z direkt! stellt verschiedene Fallkonstellationen vor, in denen ein Zeitarbeitseinsatz, der länger als 18 Monate dauert, sinnvoll und richtig sein kann, um Flexibilität und Sicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten. • Auftragsunsicherheit: Manche Aufträge von Einsatzunternehmen werden regelmäßig, zum Beispiel alle 24 Monate, neu ausgeschrieben. Um betriebsbedingte Kündigungen im Falle eines Auftragsverlusts zu vermeiden, arbeiten diese Unternehmen mit Zeitarbeitnehmern. • Einstellungs-Stopp: Nicht selten fehlen im Einsatzunternehmen Planstellen oder es besteht ein genereller Einstellungs-Stopp, trotz einer guten Auftragslage. In dieser Konstellation kann es dazu kommen, dass Zeitarbeitnehmer länger als 18 Monate benötigt werden. Wäre das nicht mehr möglich, würde das in solchen Unternehmen mit Überstunden ausgeglichen werden. • Elternzeit-Vertretung: Eltern dürfen bis zu drei Jahre Elternzeit nehmen, müssen sich aber nur für die ersten zwei Jahre festlegen. Erst dann müssen sie sich entscheiden, ob sie das dritte Jahr auch nehmen, oder nicht. In dieser Konstellation bietet Zeitarbeit eine gute und flexible Möglichkeit, die Vertretung zu organisieren. Dazu muss sie jedoch länger als 18 Monate möglich sein. • Krankheitsvertretung: Oft ist der Heilungsverlauf einer Krankheit nicht von vorne herein absehbar. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist das oft schwierig. Eine Begrenzung der maximalen Überlassungsdauer würde bedeuten, dass ein Mitarbeiterwechsel nach 18 Monaten nötig wird, obwohl die tatsächliche Krankheitszeit vielleicht 20 Monate oder länger andauert. • Mitarbeiterwunsch: Zufriedenheit mit dem Zeitarbeitsunternehmen, attraktivere Vergütung (z.B. Fahrtkostenerstattung, Verpflegungsmehraufwand) und unbefristete Anstellung in der Zeitarbeit sorgen häufig dafür, dass Mitarbeiter oft gar nicht den Einsatz wechseln wollen. • Projektgeschäft: Gerade komplizierte Projekte mit hochqualifizierten Mitarbeitern, z.B. in der Software- Entwicklung, im Offshore-Bereich oder im Kraftwerksbau, dauern regelmäßig länger als eineinhalb Jahre. Einarbeitungszeiten dauern hier mitunter sechs bis zwölf Monate. • Rekrutierung: Viele Einsatzunternehmen planen eine grundsätzliche Integration von Zeitarbeitskräften, können diese jedoch nicht innerhalb von 18 Monaten sicherstellen, da Voraussetzung dafür ist, dass ein Arbeitsplatz frei wird. 15

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