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Zdirekt! 03-2021

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14 TITELTHEMA DAS

14 TITELTHEMA DAS FORSCHUNGSPROJEKT „Zeitarbeitsfirmen im Wandel zur Beschäftigungsindustrie?“ Im Rahmen des Forschungsprojekts werden Dokumente wie Veröffentlichungen von nationalen und internationalen Verbänden und einzelnen Firmen ausgewertet und Geschäftsmodelle analysiert. Dazu finden Interviews mit Branchenexperten, Wissenschaftlern, Verbandsvertretern und Firmen statt. Das Team von Prof. Pongratz hat beispielsweise mit Betriebsräten und Managern von Randstad und Adecco, aber auch mit dem iGZ-Bundesvorsitzenden Christian Baumann gesprochen. Weitere Gespräche mit Vertretern von digitalen Dienstleistungsanbietern wie LinkedIn, Xing, Stepstone und Kununu sind geplant. Das Projekt läuft bis Mitte 2022. Sie sprechen vor allem von großen Unternehmen, die natürlich auch einen ganz anderen finanziellen Spielraum und andere Möglichkeiten haben. Inwieweit ist denn Ihre Forschung auch für kleinere und mittelständische Firmen in der Branche interessant? Es ist immer gut, die Großen zu beobachten. Der Blick sollte aber verstärkt auf die neuen digitalen Player der Branche fallen, die bisher wenig beachtet werden: Welche Rolle spielen beispielsweise LinkedIn, Glassdoor oder Indeed – oder in Deutschland Xing, Stepstone oder Twago? Inwieweit für Mittelständler eine vergleichbare Diversifizierungsstrategie sinnvoll ist, da wäre ich vorsichtig – zum einen weil dafür oft die finanziellen Mittel fehlen, aber auch wegen der für die neuen Felder erforderlichen Kompetenzen. Und was unsere Forschungen auch zeigen: Selbst die Großen stoßen mit ihren Diversifizierungsstrategien auf erhebliche Schwierigkeiten. Personalvermittlung als Geschäftsfeld wächst auch nicht unbegrenzt: Zwar steigt die Nachfrage aufgrund des Fachkräftemangels, aber die Konkurrenz unter den Anbietern ist groß. Zeitarbeitsfirmen haben es schwer, im Feld der Personalvermittlung Fuß zu fassen, weil sie ein schlechtes Image haben – aufgrund der gesellschaftlichen Bewertung von Zeitarbeit als prekäre Beschäftigung vor allem im niedrig qualifizierten Bereich. Da ist es gar nicht so einfach, sich als kompetenter Personalvermittler darzustellen. Es gibt freilich andere Strategien, mit diesen Entwicklungen umzugehen. Welche denn? Die großen Unternehmen wie Randstad und Adecco kaufen kleinere Anbieter aus diversen Geschäftsfeldern – Personalvermittlungen oder Plattformen. Sie haben aber oft Schwierigkeiten, diese zu integrieren. Für Mittelständler bietet sich vielmehr an, mit anderen spezialisierten Unternehmen zu kooperieren, zum Beispiel als Zeitarbeitsfirma mit einer Freelancer-Agentur, mit einer Online-Vermittlung oder mit Personalvermittlungen, weil diese das nötige Spezialwissen mitbringen. Gemeinsam im Verbund könnte man dann ein diversifiziertes Angebot machen. Eine zweite Strategie, die meines Erachtens noch viel zu wenig diskutiert wird, die aber längerfristig erfolgsversprechend sein könnte, ist die Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter – auch all jener, die im Einsatz beim Kunden sind. Denn der Fachkräftemangel wird sich nicht durch Personalvermittlung auflösen lassen. Gesellschaftlich stehen wir vor der Herausforderung: Wir brauchen mehr Fachkräfte. Das Problem lässt sich nur zum Teil durch Einwanderung lösen. Die Qualifizierung der eigenen Leute wäre ein guter Weg für die Zeitarbeitsbranche, um das Angebot an Fachkräften zu sichern, so auch ein besseres Image zu erlangen und sich vielleicht sogar als Dienstleister für Qualifizierung zu etablieren.

Z direkt! 03/2021 TITELTHEMA 15 Was aber durchaus mit einem gewissen Kostenfaktor verbunden sein dürfte … Richtig, da müsste man über innovative Lösungen nachdenken, die es aber in Deutschland auch schon gibt. Zum Beispiel könnten die Kosten für die Qualifizierung mit den Kunden geteilt werden: Wenn Kunden Bedarf an bestimmten Qualifikationen haben, beteiligen sie sich an den Weiterbildungskosten der Zeitarbeitnehmer oder ermöglichen ihnen, an der eigenen internen Weiterbildung teilzunehmen. Ein anderer bewährter Weg in Deutschland ist die öffentliche Finanzierung von Weiterbildung. Die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass es genügend Fachkräfte gibt. Wenn Zeitarbeitsfirmen geeignete Qualifizierungen zur Behebung des Fachkräftemangels oder zur Bewältigung der Digitalisierungsanforderungen anbieten könnten, dann ließe sich so ein Angebot auch öffentlich fördern. Sind dies auch die sozialen und ökonomischen Folgen, die Sie für den deutschen Arbeitsmarkt und seine Akteure erwarten? Wie gehe ich sowas am besten an? In so einer Umbruchsituation ist die Lage immer unübersichtlich. Es kommen neue Faktoren und Akteure ins Spiel und das erzeugt große Unsicherheit. Da heißt es erstmal: kühlen Kopf bewahren, in Ruhe analysieren und dann überlegen, welchen Weg gehe ich und welche Kooperationsmöglichkeiten gibt es dafür. Gerade Angebote zur Qualifizierung eröffnen interessante Perspektiven: gemeinsam mit öffentlichen Instanzen, wie der Bundesagentur für Arbeit, aber eventuell auch zusammen mit den Gewerkschaften, die ein großes Interesse an der Qualifizierung der Erwerbstätigen haben. Das sind dann eher mittel- und langfristige Lösungen. Die großen Akteure experimentieren zurzeit viel und es klappt nicht alles, was digitalisiert oder diversifiziert wird. Als Mittelständler muss ich nicht unbedingt zu den Vorreitern gehören. Aber es ist wichtig, die Entwicklungen zu kennen, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten und so mittel- bis langfristig neue Perspektiven zu gewinnen. HANS J. PONGRATZ ist Soziologe und lehrt als außerplanmäßiger Professor am Institut für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der 64-Jährige forscht zu arbeits- und organisationssoziologischen Fragen und in jüngster Zeit vor allem zur Digitalisierung des Arbeitsmarkts. Anzeige HABEN SIE EINE FESTE BEZIEHUNG? KUNDENBINDUNG DURCH INNOVATION 11A | EINE LÖSUNG FÜR ALLE ▪ Jetzt kostenlos testen. ▪ Unkompliziert implementieren. ▪ Abläufe automatisieren. ▪ (Master Vendor) Kunden gewinnen, binden und begeistern. Machen Sie jetzt den Test: www.dein11a.de/testen

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