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Zdirekt! 03-2018

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Z direkt! Nachgefragt

Z direkt! Nachgefragt Nachgefragt Z direkt! Prof. Dr. Stefan Sell, Hochschule Koblenz Sozialer Arbeitsmarkt: Gesetz schließt zu viele aus Trotz des Fachkräftemangels, der Rekordbeschäftigung und des Konjunkturrekords gibt es in Deutschland noch immer Langzeitarbeitslose. Die Koalition nimmt einen neuen Anlauf, um diese in Beschäftigung zu bringen. Im Prof. Dr. Stefan Sell, Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaf- Sozialen Ar- Rahmen eines ten an der Hochschule Koblenz beitsmarktes sollen Arbeitgeber weitgehende Förderungen erhalten, wenn sie Langzeitarbeitslose beschäftigen Über dieses Vorhaben und die Rolle der Zeitarbeit hierbei sprach Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-Hauptstadtbüro, mit Professor Dr. Stefan Sell, Experte für Volkswirtschaftslehre und Sozialpolitik an der Hochschule Koblenz. Z direkt!: Die Bundesregierung plant einen „Sozialen Arbeitsmarkt“, der sich an Langzeitarbeitslose richtet. Ihnen sollen mittelbar staatlich finanzierte Stellen angeboten werden. Wie bewerten Sie dieses Vorhaben grundsätzlich? Sell: Die bisherige öffentlich geförderte Beschäftigung in Deutschland ist gekennzeichnet von einem fatalen Dreiklang: Die Maßnahmen müssen im öffentlichen Interesse, zusätzlich und wettbewerbsneutral sein. Allein schon das Merkmal „Wettbewerbsneutralität“ markiert eine Lebenslüge der Förderung: Man misst die Teilnahme an den Maßnahmen, beispielsweise an Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Jobs“), daran, ob und in welchem Umfang es gelingt, die Teilnehmer wieder auf dem „ersten“ Arbeitsmarkt zu integrieren. Gleichzeitig müssen die Maßnahmen aus förderrechtlichen Gründen so konstruiert werden, dass sie möglichst weit weg sind von dem, was in der normalen Arbeitswelt passiert. Und in den vergangenen Jahren hat man angesichts einer sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit wie immer reagiert – mit Modellprojektionitis und befristeten Bundesprogrammen, die man dann primär aus Budgetgründen hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen so restriktiv ausgestaltet hat, dass eine nur sehr begrenzte Zahl an potenziellen Teilnehmern infrage kommt. Das hat enorme Frustrationen ausgelöst, auch bei den Jobcentern und Arbeitgebern. Vor diesem Hintergrund ist der neue Ansatz ein Fortschritt, denn nunmehr geht es darum, in das SGB II eine Fördermöglichkeit als Regelinstrument einzubauen. Zugleich hat man die angesprochene Begrenzung auf arbeitsmarktferne Bereiche aufgegeben. Präzise gesagt handelt es sich um zwei Instrumente: Zum einen soll der § 16e SGB II neu gefasst und eine Rechtsgrundlage für einen neuen zweijährigen Lohnkostenzuschuss (75 Prozent im ersten und 50 Prozent im zweiten Förderjahr) geschaffen werden. Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit Personen, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind. Merkmale wie Minderleistung oder das Vorliegen von Vermittlungshemmnissen sind eine Voraussetzungen für die Förderung. Es kann beschäftigungsbegleitende Hilfen geben. Auf den harten Kern der Arbeitslosen zielt der neue § 16i SGB II ab, mit dem ein neues Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ verankert werden soll. Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit erwerbsfähigen, leistungsberechtigten Personen, die seit mindestens sieben Jahren Leistungen nach dem SGB II beziehen und in dieser Zeit nicht oder nur kurz erwerbstätig waren. Der Lohnkostenzuschuss beträgt in den ersten 24 Monaten des Arbeitsverhältnisses 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. Danach sinkt er um zehn Prozentpunkte und nach Ablauf von jeweils zwölf Monaten um jeweils zehn Prozentpunkte. Die Förderdauer beträgt bis zu fünf Jahre. Zugleich sollen beschäftigungsbegleitende Betreuung, Weiterbildung und betriebliche Praktika während der Förderung ermöglicht werden. Fazit: Grundsätzlich ist der Gesetzentwurf ein guter Schritt nach vorne. Man setzt auf Förderung durch einen Lohnkostenzuschuss, der dem Grunde nach von allen Unternehmen aus allen Branchen genutzt werden kann. Außerdem gibt man die bislang extrem negative, weil sehr kurze Befristung der Maßnahmen auf, zumindest beim § 16i SGB II neu. Z direkt!: Beruht der Soziale Arbeitsmarkt auf einem Philosophiewechsel – versorgen statt aktivieren? Sell: Eine „Versorgung“ wäre nur dann der Fall, wenn man den „sozialen Arbeitsmarkt“ als Parkplatz für alle absehbar nicht mehr vermittelbaren Arbeitslosen ausgestalten würde. Es gibt übrigens durchaus Argumente für „Teilhabe-Jobs“ für Menschen, die kaum oder keine Chance mehr haben, einen „normalen“ Arbeitsplatz besetzen zu können. Aber darum geht es bei den neuen Instrumenten im SGB II nicht – denn die Förderung zielt auf den „ersten“ Arbeitsmarkt ab. Man gibt nur etwas mehr Zeit als bislang. Aber schon die degressive Ausgestaltung des Lohnkostenzuschusses zeigt, dass sich die Arbeitnehmer an die Versicherungsportal für Personaldienstleister www.pdl-portal.de Exklusive Branchenkozepte Anzeige Produktivitätsanforderungen anpassen müssen. Zugleich verdeutlicht das aber auch, dass die Neuregelungen denen, die auf Dauer von den Anforderungen der normalen Arbeitsplätze abgekoppelt sind, keine wirklichen Perspektiven anbieten können. Z direkt!: Denken Sie, die mit dem Sozialen Arbeitsmarkt adressierten Menschen können mittelfristig wieder in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden? Sell: Mittel- und langfristig sind durchaus zahlreiche Menschen, denen man heute eine schlechte bis gar keine Vermittlungsfähigkeit attestieren würde, in den normalen Arbeitsmarkt integrierbar. Dafür müssen sie einen ausreichenden Zeitraum bekommen, möglichst mit intensiver fachlicher Begleitung und am Anfang durchaus in einem geschützten Rahmen, allerdings nahe am oder mit dem „ersten“ Arbeitsmarkt. Dann können sie sukzessive wieder den Anforderungen der Arbeitswelt entsprechen. Das braucht aber Zeit und fachliche Begleitung sowie eine geförderte Beschäftigung mit Inhalten dessen, was auf den normalen Arbeitsplätzen auch gemacht wird. Z direkt!: Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf an dem vorliegenden Gesetzentwurf? Sell: Der Ansatz ist grundsätzlich gut – aber erneut werden wir Zeugen einer doch nur budgetbedingten Verengung der Zugangskriterien. Ganz am Anfang der Diskussion wollte man allen den Zugang eröffnen, die mehr als zwei Jahre langzeitarbeitslos sind. Dann wurden daraus vier, im ersten Entwurf sechs und nun SYSTEMBERATUNG TECHNOLOGIE & PERSONAL MOB 0175-5445181 FAX 0241-92139095 www.xing.de Anzeige 34 Zuverlässig versichert, exzellent betreut. fivers Versicherungsmakler GmbH Ettlinger Str. 25 | 76137 Karlsruhe T +49 721 68020 | pdl@fivers.de QUALITÄTS-MANAGEMENT ARBEITSSCHUTZ-MANAGEMENT INNOVATIVE GESCHÄFTSMODELLE 4.0

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