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Zdirekt! 02-2018

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Z direkt! Gastbeitrag

Z direkt! Gastbeitrag Gastbeitrag Z direkt! RA Johannes Pöttering Zeitarbeit braucht mehr gesellschaftliche Akzeptanz In kaum einer anderen Branche beeinflusst die politische Debattenlage das Ansehen der in ihr tätigen Unternehmen und auch der dort arbeitenden Menschen so stark wie in der Zeitarbeit. Gezielte Stimmungsmache, Vorurteile und verzerrte Maßstäbe sowie nicht zuletzt auch weit verbreitete Unwissenheit schaden bis heute dem Image der Zeitarbeit erheblich. Auch die deutlichen Verbesserungen der vergangenen Jahre, insbesondere bei Arbeitsbedingungen und Entlohnung, haben hieran kaum etwas ändern können. Stattdessen wird im Umfeld einer historisch niedrigen Arbeitslosigkeit das Vorurteil einer RA Johannes Pöttering vermeintlichen Zwei-Klassenstellv. Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmensver- munter befeuert Beschäftigung bände Nordrhein-Westfalen e.V. und damit der politische Druck auf die flexiblen Beschäftigungsverhältnisse immer weiter erhöht. In einem solchen Umfeld ist es nur eine Frage der Zeit, wann nach den derzeit im Fadenkreuz stehenden befristeten Arbeitsverhältnissen auch die Zeitarbeit erneut als Ziel zusätzlicher Regulierung ins Visier genommen wird. Wenn das Image einer Branche derart stark durch die Politik geprägt wird, kann der zentrale Schlüssel zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz nur in einer aktiven politischen Kommunikation liegen. Daher ist es ein starkes und wichtiges Zeichen, dass die Branche auch den direkten Diskurs mit ihren schärfsten Kritikern nicht scheut. Ein eindrucksvoller Beweis für diese Dialogbereitschaft war nicht zuletzt die Einladung besonders kritischer Parteien und Sozialverbände zum jüngsten Bundeskongress des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) in Münster. Beschäftigungschancen und Wettbewerbsfähigkeit Mehr denn je gilt es, die Bedeutung der Zeitarbeit für die individuellen Zukunftschancen der Beschäftigten wie auch für die generelle Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in unserem Land offensiv zu vertreten. Die Zeitarbeit öffnet vielen Geringqualifizierten, Langzeitarbeitslosen und Berufseinsteigern nach einer längeren Berufspause den Weg zurück ins Berufsleben. Personaldienstleister übernehmen daher bei der Vermittlung von Beschäftigten eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie bringen Menschen in Lohn und Brot, die andernfalls auf staatliche Unterstützung angewiesen wären. Die Bedeutung der Zeitarbeit geht auch weit über die individuelle Perspektive hinaus. Die derzeit robuste wirtschaftliche Lage und die hohe Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen haben wir nicht zuletzt auch der Zeitarbeit zu verdanken. Sie ist und bleibt ein unverzichtbares Flexibilitätsinstrument und damit ein wichtiger Trumpf im internationalen Wettbewerb. Außerdem ermöglicht sie es den Betrieben, auch bei mangelnder Vorhersehbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Und auf der anderen Seite schützt die Zeitarbeit auch die Stammbelegschaften. Bei vorübergehend schlechter Auftragslage kann Zeitarbeitspersonal flexibel abgezogen werden, wodurch Kurzarbeit und betriebsbedingten Kündigungen vermieden werden können. Zerrbildern entgegentreten Gerade in Bezug auf die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen werden in der öffentlichen Debatte allzu häufig Zerrbilder gezeichnet. Die öffentliche Wahrnehmung hinkt auch deshalb den rechtlichen und den tarifpolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre massiv hinterher. Denn die Wahrheit ist: Die Zeitarbeit ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis, bei dem die Beschäftigten den gleichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz genießen wie Beschäftigte außerhalb der Zeitarbeitsbranche. Darüber hinaus haben der Flächentarif sowie Branchentarifverträge erhebliche Verbesserungen bei Löhnen und anderen Arbeitsbedingungen gebracht. Übrigens: Fakten wie diese immer wieder in die Öffentlichkeit zu tragen, ist dabei nicht nur eine Aufgabe der Zeitarbeitsbranchen, sondern auch der entleihenden Unternehmen. Gewiss: Schwarze Schafe gibt es überall. Doch gerade in der Zeitarbeit führen Einzelbeispiele unseriöser Anbieter besonders häufig dazu, dass gleich die gesamte Branche in ein schiefes Licht gerückt und unter Generalverdacht gestellt wird. Auch hierdurch werden Zerrbilder vermittelt, die nichts mit den Werten, Einstellungen und Praktiken verantwortungsbewusster Personaldienstleister gemein haben. Ebenfalls hier gilt: Gesellschaftliche Akzeptanz erreicht man insbesondere dann, wenn man sich nicht versteckt, sondern den Problemen stellt. Mit dem iGZ-Ethik-Kodex und der Kontakt- und Schlichtungsstelle wurde hier ein wichtiger Schritt gegen die Stigmatisierung der gesamten Zeitarbeitsbranche gemacht. Mit dem Aufstellen von Idealen, Werten, Normen und Richtlinien kann die Branche es schaffen sich von den wenigen schwarzen Schafen abzugrenzen und das eigene Selbstverständnis stärker nach außen zu betonen. Die Möglichkeit, bei Missständen und Konflikten die Kontakt- und Schlichtungsstelle anzurufen, unterstreicht die Ernsthaftigkeit dieses Bemühens. Die großen Trends mitgestalten Bei allen politischen Herausforderungen gilt es aber auch die immer neuen Herausforderungen einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt zu bewältigen. Megatrends wie die Digitalisierung, der demografische Wandel oder die Internationalisierung prägen eben nicht nur unser Privatleben, sondern auch die Zukunft der Arbeit in unserem Land. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist der Fachkräftemangel eines der drängendsten Probleme. Im Wettstreit um die besten Köpfe wird es immer schwieriger, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu gewinnen. Der damit verbundene Mehraufwand der Unternehmen dürfte auch zur Folge haben, dass die Nachfrage nach Inhouse-Services und HR Recruiting zunimmt. Die Zeitarbeit könnte sich hier qualitativ zu einem breit aufgestellten Anbieter personalwirtschaftlicher Dienstleistungen weiterentwickeln und ihre Bedeutung im Wertschöpfungsnetzwerk weiter stärken. Qualifizierung der Beschäftigten Intelligente Vernetzung, digitale Assistenzen und softwaregestütztes Arbeiten in vielen Betrieben sind schon heute ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags. In Zukunft wird sich diese Entwicklung weiter verstärken und neue Herausforderungen für Unternehmen wie Beschäftigten bringen. Die Qualifizierung der Beschäftigten und insbesondere das Lernen am Arbeitsplatz werden immer wichtiger. Die fortschreitende Digitalisierung könnte Studien zu Folge mehr als 50 Prozent der Arbeitsplätze in der Industrie verändern. Auch hier verfügen viele Zeitarbeitsunternehmen über wertvolle praktische Erfahrungen und Kompetenzen hinsichtlich erfolgreicher Weiterbildungsangebote und effizienter Qualifizierungsmaßnahmen. Deren Ausbau und Einsatz würde den Kundenunternehmen nutzen und überdies einen wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Mehrwert bewirken. Maßgeschneiderte Angebote Und wir alle kennen schließlich die generellen Trends zunehmender Flexibilisierung und Spezialisierung und der sich verändernden Erwartungen und Lebensentwürfe der Beschäftigten. Hierauf mit maßgeschneiderten Angeboten zu reagieren könnte die Bedeutung und Akzeptanz der Zeitarbeit auch im Bereich der höher- und hochqualifizierten Beschäftigung noch einmal deutlich erhöhen. 42 43

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