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Ausgabe 4/2012:

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auf die praxis kommt es

auf die praxis kommt es an – 2. Potsdamer Rechtsforum rückblick Der Zeitpunkt des 2. Potsdamer Rechtsforums war laut Werner Stolz, iGZ-Hauptgeschäftsführer, perfekt gewählt. Einen Monat nach Inkrafttreten der ersten Branchenzuschlagstarifverträge, zehn Jahre nach den Hartz-Reformen und 40 Jahre nach Einführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – ein guter Anlass, um aus juristischer Sicht auf die Zeitarbeitsbranchen zu schauen. Rund 250 Vertreter aus der Zeitarbeitsbranche, aus Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften und anderen Verbänden sowie zahlreiche Juristen kamen dazu im Potsdamer Dorint Hotel Sanssouci zusammen. „Ein vielfältiges Bild, das uns spannende Diskussionen ermöglicht“, freute sich Stolz. Dr. Oliver Bertram, Lehrbeauftragter an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ging tief ins Detail. Er erklärte, auf welche Dinge iGZ-Mitglieder bei der Anwendung der neuen Branchenzuschlagstarifverträge achten müssen. „Ich sehe ein, dass die Tarifverträge auf den ersten Blick einige Fragen aufwerfen“, räumte er ein. „Aber ich bin überzeugt davon, dass diese Branchenzuschläge eine nahezu perfekte Lösung sind – besonders wenn man bedenkt, wie eng der Verhandlungsspielraum war“, bekräftigte Bertram. Tarifrechtlich unproblematisch Die Wirksamkeit der Branchenzuschlagstarifverträge nahm Prof. Dr. Frank Bayreuther, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Passau, unter die Lupe. „Tarifrechtlich sind die Regelungen unproblematisch“, resümierte er. Auf die Tücken von Werkverträgen verwies Prof. Dr. Peter Schüren, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht an der Universität Münster. Relevant sei letztlich gar nicht, was in dem Vertrag selbst stehe. „Einen Papiervertrag bekommen alle hin“, stellte Schüren klar. Aber bedeutend ist die gelebte Praxis. Danach entscheidet sich, ob ein Scheinwerkvertrag vorliegt oder nicht.“ Als einen „kritischen Beobachter“ der Zeitarbeitsbranche stellte Stefan Sudmann, iGZ-Referatsleiter Arbeits- und Tarifrecht, Prof. Franz Josef Düwell vor. „Gerade deshalb freuen wir uns sehr, dass wir ihn als unabhängiges Mitglied für unsere Kontakt- und Schlichtungsstelle, kurz KuSS, gewinnen konnten“, bekräftigte Sudmann. Düwell, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht a.D., stellte im Anschluss seine Arbeit in der KuSS vor. Engagierte Diskussionsrunde Das 2. Potsdamer Rechtsforum endete mit einer engagierten Diskussionsrunde zum Thema „Missbrauch alternativer Vertragsformen – Vom Contracting bis zum Outsourcing“. Unter der Moderation von FAZ-Redakteur Sven Astheimer tauschten sich Prof. Dr. Peter Schüren, Prof. Franz Josef Düwell, IG Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Ulber und Dr. Martin Dreyer, iGZ-Geschäftsführer, zu diesem Thema aus. 6 Maren Letterhaus

Branchenzuschlagstarife in der praxis bericht Gut drei bis vier Tage hat´s schon gedauert, aber jetzt läuft´s rund und die Anwendung der Branchenzuschläge ist eigentlich schon Routine“, gibt Sascha Schwontkowski, Verwaltungsangestellter beim iGZ-Mitgliedsunternehmen ARO Personalservice GmbH, eine erste „Wasserstandsmeldung“ zur praktischen Umsetzung der Branchenzuschlagstarife, die seit dem 1. November 2012 gelten. Die Thematik sei in der Software, die sein Unternehmen nutze, sehr gut umgesetzt worden. Nichts desto trotz habe er sich intensiv einarbeiten müssen: „Zu berücksichtigen waren die Kundenkonditionen, und die Rechnungsbezeichnung musste extra neu angelegt werden. Es galt, fünf verschiedene Rechnungsarten zu berücksichtigen und anzulegen, und es mussten sechs verschiedene Referenzlöhne beachtet werden“, nennt er einige Hürden, die genommen werden mussten. Bei einem Auftrag zähle der Ist-Zustand, zu dem dann alle fünf Zeitstufen mit eingegeben werden müssen. Es sei also zunächst der Grundlohn zu ermitteln, der Branchenzuschlag werde dann separat bearbeitet, „und das muss alles für den Kunden auch auf der Rechnung erkennbar sein“, betont Schwontkowski. Weitere Branchenzuschläge Über 50 Prozent der ARO-Zeitarbeitnehmerschaft profitiere nun von den Zuschlägen. „Wir haben alle Betroffenen per Infoschreiben unterrichtet. Die nicht betroffenen Zeitarbeitnehmer möchten jetzt natürlich in die M+E-Industrie wechseln“, erläutert er einen Nebeneffekt. „Wir haben plausibel gemacht, dass ein Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn mache, denn im nächsten Jahr treten die Zuschläge für weitere Branchen in Kraft und es wird auch noch in weiteren Branchen bis zum Abschluss verhandelt“, betont Schwontkowski. „Teilweise“, ergänzt Personaldienstleistungskaufmann (PDK) Ugras Yilmaz, „ist die jeweilige Zuordnung zu den Branchen auch recht schwierig“. Manchmal seien die Grenzen sehr eng, und das sei den Mitarbeitern schwer zu erläutern. Wider Erwarten gut seien die Branchenzuschläge von den Kundenunternehmen angenommen worden. Zwar habe es zunächst einige Bedenken wegen der Offenlegung der eigenen Löhne gegeben, aber allen sei der flexible Einsatz von Zeitarbeitnehmern weitaus wichtiger gewesen. Auch die quasi doppelte Erhöhung – Lohnuntergrenze von 7,89 Euro auf 8,19 Euro plus Branchenzuschläge – habe sich nicht negativ ausgewirkt: „Wir haben mit vielen Abmeldungen gerechnet, aber bislang ist das überhaupt noch nicht passiert, wir haben keine Abmeldung wegen der Branchenzuschlagstarife“, staunt Yilmaz. Auch sei niemand wegen der Zuschläge von den Kundenunternehmen ins jeweils eigene Stammpersonal übernommen worden. Ebenfalls kein Beweggrund für eine Abmeldung ist laut Geschäftsführerin Anne Rosner die Sechs-Wochen-Frist: „Es rechnet sich nicht, wenn jedes Mal ein neuer Mitarbeiter bei weniger Produktivität komplett neu eingearbeitet werden muss. Letztendlich wird dann draufgezahlt. Allerdings steigt damit auch der Druck auf die Mitarbeiter, denn es wird vermehrt auf Produktivität geachtet – der Mitarbeiter hat durch die Branchenzuschläge nun einen ganz persönlichen Wert bekommen“, unterstreicht Anne Rosner. Mit höherem Gehalt steige allerdings auch die Motivation. Und wer gut sei, werde eben auch gern beschäftigt. Wolfram Linke 7

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